Obwohl sehr knapp, stellt die Entscheidung des Familiengerichts Köln eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Denn sie betrifft einen Fall, in dem die Anregung eines Verfahrensbeteiligten, den Verfahrensbeistand von seinem Amt zu entbinden – die erst kürzlich mit § 158 Abs. 4 Satz 2 FamFG deutlich präziser gefasst wurde – Erfolg hatte. In der familiengerichtlichen Praxis kommt eine Entpflichtung des Verfahrensbeistands aufgrund von "Amtspflichtverletzungen" – eine Aufhebung der Bestellung nach § 158 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FamFG – nämlich eher selten vor. Denn die "Masse" der veröffentlichten Entscheidungen betreffen Konstellationen, in denen ein Entlassungsantrag erfolglos geblieben ist.
Aus der insoweit veröffentlichten Rechtsprechung sind beispielhaft zu nennen:
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Strafanzeigen eines beteiligten Elternteils gegen den Verfahrensbeistand führen nicht dazu, dass der Verfahrensbeistand zu entpflichten wäre: Dass Strafanzeigen, die von einem Elternteil ausgehen, grundsätzlich ungeeignet sind, um eine Ablösung des Verfahrensbeistands zu erreichen, liegt auf der Hand, weil es andernfalls "ein Leichtes" wäre, einen unliebsamen Verfahrensbeistand auf diese Weise aus dem Verfahren zu drängen. |
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Bloße Vorwürfe eines Beteiligten, der Verfahrensbeistand "arbeite nicht ordentlich" oder gebe die Meinung des Kindes nicht korrekt wieder, rechtfertigen ebenfalls keine Entlassung; |
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die Übernahme der von einem Elternteil gegenüber dem Verfahrensbeistand gemachten Angaben, ohne diese Erklärungen zuvor auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft zu haben, zieht keine Ablösung nach sich. |
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Die Rüge eines Elternteils, der Verfahrensbeistand "handle seit Jahren stets ausschließlich im Sinne des Jugendamtes, weshalb dem Verfahrensbeistand “tiefstes Misstrauen' entgegenzubringen sei", rechtfertigt keine Entlassung; |
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der Umstand, dass der Verfahrensbeistand nicht auf die Forderung eines Elternteils eingeht, mit dem Kind nur an dem von diesem Elternteil genannten Ort und unter den vom Elternteil vorgegebenen Modalitäten zu sprechen, vermag keine Ablösung des Verfahrensbeistands zu begründen. |
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Die Art und Weise, wie der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit wahrnimmt oder der Inhalt seiner Berichte – beispielsweise eine vermeintliche "Einseitigkeit" – stellen ebenfalls grundsätzlich keine Gründe dar, um ihn von seinem Amt zu entbinden; |
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dass zwischen dem Verfahrensbeistand und einem Elternteil eine persönliche Bekanntschaft besteht, genügt für sich allein nicht für eine Entlassung. |
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Der Vorwurf, der Verfahrensbeistand bevorzuge den anderen Elternteil, er sei nicht "neutral" sowie die Unzufriedenheit eines Elternteils mit den Berichten des Verfahrensbeistands oder dessen Arbeit sind ebenfalls keine Gesichtspunkte, die eine Ablösung rechtfertigen können; |
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dass das vom Verfahren betroffene Kind im Verfahren bereits durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, rechtfertigt schließlich gleichfalls nicht die Entlassung des dem Kind zusätzlich bestellten Verfahrensbeistands. |
Der kurze Überblick belegt: Die Familiengerichte zeigen sich im Ergebnis zu Recht äußerst zurückhaltend, wenn es um die Entpflichtung eines Verfahrensbeistands geht. Bei der Auslegung des Prüfungsmaßstabes der “Gefährdung der Kindesinteressen' nach § 158 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FamFG tarieren die Gerichte sehr sorgfältig das Spannungsverhältnis aus zwischen der Pflicht, dem minderjährigen Kind zur Wahrnehmung seiner verfahrensrechtlichen Interessen einen in persönlicher und fachlicher Hinsicht geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen und dem Umstand, dass der Verfahrensbeistand ein einseitiger Vertreter des Kindes ist, der seine Aufgaben eigenständig, frei von Weisungen wahrnimmt und weder unter der "Oberaufsicht" des Familiengerichts steht noch zur Objektivität oder Neutralität verpflichtet ist. Dieser "advokatorische Charakter" des "Anwalts des Kindes" macht es nämlich erforderlich, den Prüfungsmaßstab für eine Aufhebung der Bestellung äußerst restriktiv und mit größter Zurückhaltung zu handhaben.