BGB §§ 313, 1570, 1578b
Leitsatz
1. Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine erweiterte Verpflichtung zum Betreuungsunterhalt (bis zum 25. Lebensjahr des betreuten Kindes) geregelt, so hat diese Regelung auch nach dem neuen Unterhaltsrecht Bestand und steht einer Befristung des Unterhalts auf einen bestimmten Zeitpunkt entgegen.
2. Betreut die Mutter mehrere Kinder und hat sie während einer längeren Ehe (hier 14 Jahre) immer als Betreuungsperson für die Kinder zur Verfügung gestanden, so ist für sie ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, sich vornehmlich um die Kinder kümmern zu dürfen.
(Leitsätze der Redaktion)
AG Garmisch-Partenkirchen, Urt. v. 5.3.2008 – 2 F 13/08
Sachverhalt
Tatbestand: Der Kläger begehrt eine gerichtliche Entscheidung darüber, dass er der Beklagten keinen nachehelichen Ehegattenunterhalt mehr schuldet.
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Die Eheschließung fand am … statt. Aus der Ehe sind vier minderjährige Kinder hervorgegangen, die bei der Beklagten leben. Die Parteien sind auf Grund Scheidungsurteil des AG Garmisch-Partenkirchen vom 13.11.2003 rechtskräftig geschieden (Az: 2 F 498/02). Sie leben seit November 2001 getrennt.
Am 8.11.1989 haben die Parteien einen notariellen Ehevertrag abgeschlossen, in dem Gütertrennung vereinbart und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde.
Zum Unterhalt trafen die Parteien unter III. folgende Vereinbarung:
“1. Für den Fall der Scheidung unserer Ehe verzichten wir beiderseits auf jegliche Unterhaltsgewährung gem. §§ 1569 ff. BGB. Wir nehmen den Verzicht hiermit wechselseitig an.
Dieser Verzicht umfasst ausdrücklich den Unterhaltsanspruch bei Vorliegen einer Notlage, den sog. Notbedarf.
2. …
Ausgenommen von diesem Verzicht bleibt gegebenenfalls der Anspruch auf Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB, aber nur, soweit er dadurch ausgelöst wird, dass er auf der Notwendigkeit der Betreuung eines aus der gemeinsamen Ehe der Ehegatten hervorgegangenen Kindes beruht, solange dieses das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“
Am 24.10./4.11.2003 schlossen die Parteien folgende Vereinbarung, die im Scheidungstermin am 13.11.2003 gerichtlich protokolliert wurde:
“ ...
2. Ehegattenunterhalt/Krankenversicherung (auch für die Kinder)
1. verpflichtet sich, zu Händen von Frau … einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 700 EUR ab 1.11.2003 zu zahlen. Die Unterhaltsbeträge sind jeweils zum 1. eines Monats fällig, erstmals zum 1.11.2003.
2. Herr … verpflichtet sich, ab 1.11.2003 die gesetzlichen Krankenversicherungskosten für Frau … und die Kinder zu bezahlen.
… “
Der Kläger hatte mit Klage vom 20.10.2006 u.a. beantragt, die Vereinbarung vom 13.11.2003 dahingehend abzuändern, dass er der Beklagten ab Dezember 2006 keinen nachehelichen Ehegattenunterhalt mehr schuldet (2 F 434/06 AG Garmisch-Partenkirchen). Diese Klage hatte letztinstanzlich vor dem OLG München keinen Erfolg (Urt. des OLG München v. 26.9.2007, 12 UF 922/07).
Der Kläger macht geltend, infolge der Änderung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 schulde er der Beklagten seit Januar 2008 keinen Ehegattenunterhalt mehr. Die Beklagte sei nunmehr gehalten, ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken. Die Kinder seien in der Schule und kämen täglich zwischen 13.30 und 14.00 Uhr nach Hause, sodass die Beklagte Gelegenheit habe, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
…
Die Beklagte bringt vor, eine Erwerbsobliegenheit bestehe für sie nach wie vor wegen der Betreuung der 4 gemeinsamen Kinder und ihrer Ausrichtung auf die Kinderbetreuung nicht. Am Betreuungsunterhalt habe sich nichts geändert. Darüber hinaus hätten die Parteien in der notariellen Urkunde vom 8.11.1989 eine klare vertragliche Regelung getroffen, die von der Unterhaltsrechtsreform nicht berührt werde.
Aus den Gründen
Gründe: Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Beklagten steht gegen den Kläger weiterhin der durch Vergleich vom 13.11.2003 vereinbarte Unterhaltsanspruch zu.
Eine Abänderung des Vergleiches käme nur nach den Grundsätzen eines Wegfalls oder einer Änderung der Geschäftsgrundlage infrage (§ 313 BGB). Eine solche Änderung der Geschäftsgrundlage läge vor, wenn das seit 1.1.2008 geltende Unterhaltsrecht im konkreten Fall einem Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt entgegenstünde. Dies ist nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht der Fall. Zwar ist in § 1569 BGB n.F. der Grundsatz der Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten, nach der Scheidung selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, stärker verankert als bisher.
§ 1570 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. besagt, dass ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens 3 Jahre nach der Geburt besteht. Dies bedeutet, dass von einem Ehegatten, der ein gemeinschaftliches Kind betreut, eher als bisher verlangt wird, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Diese Regelung bezieht sich jedoch zunächst nur auf die Betreuung eines Kindes. Werden mehrere minderjährige Kinder betreut, kann die Obliegenheit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht in gleicher Weise gelten. Das Gesetz lässt eine Verlängerung des Unterhaltsanspr...