Bisherige Fassung:
§ 1374
Anfangsvermögen
Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört; die Verbindlichkeiten können nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden.
§ 1375
Endvermögen
(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Die Verbindlichkeiten werden, wenn Dritte gem. § 1390 in Anspruch genommen werden können, auch insoweit abgezogen, als sie die Höhe des Vermögens übersteigen.
Nach der Novellierung:
§ 1374
Anfangsvermögen
(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
§ 1375
Endvermögen
(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
1. Die bisherige Regelung, wonach Anfangs- und Endvermögen niemals negativ sein können, hat bei ohnehin oft schwierigen Zugewinnausgleichsberechnungen immerhin den Vorteil für sich, dass in diesem Teilbereich eine Vereinfachung erreicht wird. Wenn es denn nun – wie der Gesetzgeber postuliert – tatsächlich eine Notwendigkeit gibt, ein "Gerechtigkeitsdefizit" auszugleichen, muss man sich über eines im Klaren sein: Entsprechende Verfahren im Verbund werden noch länger dauern. Der Hang, eine größtmögliche Perfektion der Gesetzesanwendung für jeden denkbaren Einzelfall zu erreichen, verwirft eine bewährte Gesetzesmethodik. Diese hat bislang in der Mehrzahl der Fälle praxisnahe und überschaubare Ergebnisse erbracht. Ob einer solchen Gerechtigkeitsmaximierung der Vorzug vor einer relativ einfachen Berechnung zu geben ist, wird die Praxis zeigen. Hinzu kommt, dass die geplante Regelung erneut ungeahnte juristische "Baustellen" eröffnen wird (s. Beispielsfall 3).
2. Die jetzt geplante Änderung kann ebenso zu Anspruchserhöhungen wie zu Anspruchsminderungen führen. Die im Entwurf aufgeführten Beispielsfälle verdeutlichen dies:
a) Beispielsfall 1:
Der Ehemann hatte zu Beginn der Ehe Schuldverbindlichkeiten von 100.000 EUR. Die Ehefrau hatte ein Anfangsvermögen von 0 EUR. Beide Eheleute verfügen zum Ende der Ehezeit über ein Vermögen von 100.000 EUR.
Nach geltendem Recht besteht keine Zugewinnausgleichsverpflichtung. Da das Anfangsvermögen mit 0 EUR anzusetzen ist, haben beide Eheleute gleich hohen Zugewinnausgleich erzielt.
Wirtschaftlich gesehen beträgt allerdings die Vermögensmehrung beim Ehemann 100.000 EUR (als Endvermögen) zuzüglich des Fortfalls von 100.000 EUR (an Schulden), insgesamt also 200.000 EUR. Dem steht das Endvermögen der Ehefrau von 100.000 EUR gegenüber. Der Ehemann ist ihr gegenüber mit 50.000 EUR ausgleichspflichtig.
Die Berechnung zum negativen Anfangsvermögen wirkt sich hier also anspruchserhöhend aus.
b) Da das Endvermögen nunmehr ebenfalls negativ sein kann, kann sich aber auch eine Anspruchsminderung ergeben.
Beispielsfall 2:
Der Ehemann hatte zu Beginn der Ehe 100.000 EUR Schulden; diese verringerte er bis zum Ende der Ehezeit auf 50.000 EUR. Die Ehefrau verfügte über kein Anfangsvermögen; ihr Endvermögen beträgt 100.000 EUR.
Nach geltendem Recht ist der Zugewinn des Ehemanns 0 EUR, der der Ehefrau 100.000 EUR. Sie muss an den Ehemann 50.000 EUR ausgleichen.
Nach der geplanten Regelung hat der Ehemann 50.000 EUR an Schulden abgebaut. Dies entspricht seinem Zugewinn. Der Zugewinn der Ehefrau beträgt 100.000 EUR. Er besitzt daher nur einen Ausgleichsanspruch von 25.000 EUR.
c) Die Stellungnahme des Familienrechtsausschusses weist zutreffend darauf hin, dass die geplante Regelung jedoch auch zu recht grotesken Ergebnissen führen kann (Stichwort: "Gerechtigkeitsperfektion").
Beispielsfall 3:
Der Ehemann hatte ein Anfangsvermögen von 0 EUR. Während der Ehe verschuldete er sich mit insgesamt 60.000 EUR. Die Ehefrau verfügte über ein Anfangsvermögen von 80.000 EUR; ihr Endvermögen beträgt 100.000 EUR.
Nach geltendem Recht wäre die Ehefrau verpflichtet, nur (100.000 EUR – 80.000 EUR) : 2 = 10.000 EUR auszugleichen.
Nach dem Entwurf beträgt der Zugewinn des Ehemanns aber –60.000 EUR, der der Ehefrau 20.000 EUR. Die Differenz von (60.000 + 20.000 EUR) = 80.000 EUR wäre aufzuteilen. Die Ehefrau müsste an ihren Ehemann 40.000 EUR auszahlen! § 1378 Abs. 2 BGB in der neuen Fassung wäre nicht verletzt. Ihr verbleibt ja noch der Betrag von 100.000 EUR –40.000 EUR = 60.000 EUR.
Eine "Sippenhaft" war und ist dem Zugewinnausgleichsrecht unbekannt. Die Lösung ähnelt aber einer solchen Haftung. Insoweit muss der Entwurf auf jeden Fall überarbeitet werden. Wieso sollte denn die Ehefrau, die nur über einen geringen Zugewinn (20.000 EUR) verfügt, auf einmal wirtschaftlich die Verbindlichkeiten des Ehemannes teilweise übernehmen müssen? Solange der BGH seine äußerst restriktive Rechtsprechung zu § 1381 BGB aufrechterhält, kommt auch eine Lösung üb...