Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Beitrag für den ganztägigen Kindergartenbesuch einen Mehrbedarf des Kindes begründet und der barunterhaltspflichtige Elternteil hierfür aufzukommen hat.
Der Beklagte ist der Vater der am 21. August 2001 nichtehelich geborenen Klägerin. Er ist verheiratet und hat noch drei eheliche Kinder. Durch Jugendamtsurkunde hat er sich verpflichtet, der Klägerin ab ihrer Geburt monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe zu zahlen. Die Klägerin, deren Mutter erwerbstätig ist, besucht ganztags einen Kindergarten. Sie macht für die Zeit ab Juli 2004 einen Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe des Kindergartenbeitrags von etwa 90 EUR monatlich (ohne Essensgeld) geltend. Der Beklagte hat sich u.a. auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.
Das Oberlandesgericht hat einen über den titulierten Unterhalt hinausgehenden Anspruch auf Zahlung weiteren Unterhalts in Höhe der durch den Kindergartenbesuch entstehenden Kosten verneint. Es hat die Auffassung vertreten, die Kosten für den halbtägigen Besuch des Kindergartens würden durch den vom Kläger gezahlten Unterhalt zuzüglich des auf ihn entfallenden Kindergeldanteils gedeckt. Soweit darüber hinaus Kosten für den ganztägigen Besuch der Einrichtung entstünden, handele es sich um berufsbedingten Aufwand der Mutter. Denn das Kind besuche insoweit den Kindergarten, damit die Mutter einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne.
Der Senat hat demgegenüber entschieden, dass die für den Kindergartenbesuch anfallenden Kosten zum Bedarf eines Kindes zu rechnen sind und grundsätzlich keine berufsbedingten Aufwendungen des betreuenden Elternteils darstellen. Wesentlich ist insofern, dass der Kindergartenbesuch unabhängig davon, ob er halb oder ganztags erfolgt, in erster Linie erzieherischen Zwecken dient. Die Aufwendungen hierfür sind deshalb zum Lebensbedarf eines Kindes zu rechnen, der auch die Kosten der Erziehung umfasst.
Einen Mehrbedarf, d.h. einen über den titulierten laufenden Unterhalt hinausgehenden Bedarf, begründen die Kindergartenkosten allerdings nicht in vollem Umfang. Soweit sie für den halbtägigen Besuch anfallen, der heutzutage die Regel ist, sind sie – bei sozialverträglicher Kostengestaltung – grundsätzlich in dem laufenden Kindesunterhalt enthalten, falls dieser das Existenzminimum für ein Kind dieses Alters nicht unterschreitet. Das ist bei Anwendung des bisherigen Rechts, auf dessen Grundlage der Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages tituliert worden ist, hier nicht der Fall.
Einen Mehrbedarf stellen regelmäßig deshalb allein diejenigen Kosten dar, die den Aufwand für den halbtätigen Kindergartenbesuch übersteigen. Insofern ist dem Grunde nach ein Anspruch des Kindes gegeben, für den allerdings grundsätzlich nicht der barunterhaltspflichtige Elternteil allein, sondern beide Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen haben.
Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Beklagten und zu einer etwaigen Beteiligungsquote der Mutter nachzuholen haben wird.
Urt. v. 5.3.2008 – XII ZR 150/05
(AG Hersbruck – 2 F 819/04 – Entsch. v. 16.3.2005, OLG Nürnberg – 10 UF 395/05 – Entsch. v. 29.8.2005)