In seinen früheren Urteilen hat der Senat darauf abgestellt, dass für den nachehelichen Unterhalt grundsätzlich die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung maßgebend seien (Senatsurteil vom 31. März 1982 – IVb ZR 661/80 – FamRZ 1982, 576, 577). Die Rechtskraft der Scheidung setze gleichsam einen Endpunkt hinter eine gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung während der Ehe mit der Folge, dass die für den Unterhalt maßgebenden Lebensverhältnisse nur durch das bis dahin nachhaltig erzielte Einkommen beider Ehegatten bestimmt würden (Senatsurteil vom 18. März 1992 – XII ZR 23/91 – FamRZ 1992, 1045, 1046). Dieses Abstellen auf den Scheidungszeitpunkt führte allerdings schon frühzeitig zur Notwendigkeit, Ausnahmen zuzulassen:
Einerseits musste eine dauerhafte Einkommensverbesserung, die zwar nach Trennung, aber noch vor Rechtskraft der Scheidung eintrat, für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse unberücksichtigt bleiben, wenn sie auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung beruhte oder trennungsbedingt war, so dass mangels einer gemeinsam geschaffenen wirtschaftlichen Entwicklung eine Teilhabe des unterhaltsberechtigten Ehegatten hieran als nicht mehr gerechtfertigt angesehen wurde (Senatsurteil vom 31. März 1982 a.a.O., FamRZ 1982, 576, 578; Senatsurteil vom 19. Februar 1986 – IVb ZR 16/85 – FamRZ 1986, 439, 440). Andererseits sollte die dauerhafte Einkommensverbesserung bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse dann Berücksichtigung finden, wenn sie zwar erst nach Rechtskraft der Scheidung eingetreten war, ihr aber eine bereits in der Ehe angelegte Entwicklung zugrunde lag, deren Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 – IVb ZR 20/86 – FamRZ 1987, 459, 460). Denn es sollte eine Teilhabe des unterhaltsberechtigten Ehegatten an dem Lebensstandard des unterhaltspflichtigen Ehegatten sichergestellt sein, wenn und soweit dieser Lebensstandard durch die gemeinsame Lebensleistung erreicht worden ist.
Schwierigkeiten ergaben sich aber für nachteilige wirtschaftliche Veränderungen in den Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen nach rechtskräftiger Scheidung. Solche nachteiligen Veränderungen sollten auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten jedenfalls dann nicht durchschlagen, wenn sie auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen beruhen oder durch freiwillige berufliche und/oder wirtschaftliche Dispositionen veranlasst waren und vom Unterhaltspflichtigen durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden konnten (Senatsurteil vom 4. November 1987 – IVb ZR 81/86 – FamRZ 1988, 145, 147). Der Senat hat aber alsbald für den Fall einer nach Trennung eintretenden, unverschuldeten Arbeitslosigkeit ausgesprochen, dass es auf Unverständnis stoßen würde, diesem Umstand nicht schon bei der ehelichen Unterhaltsbedarfsbemessung, sondern erst bei der Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen (Senatsurteil vom 23. Dezember 1987 – IVb ZR 108/86 – FamRZ 1988, 256, 257).
Die Anknüpfung an den Stichtag der Rechtskraft der Scheidung wurde aber z.B. beibehalten in einem Fall, in dem ein Kind des Unterhaltspflichtigen aus einer außerehelichen Verbindung – zufällig – noch vor Eintritt der Rechtskraft der Scheidung geboren wurde, so dass die Unterhaltslast für dieses Kind als noch "während der Ehe angelegt" und damit bedarfsprägend angesehen wurde (Senatsurteil vom 25. November 1998 – XII ZR 98/97 – FamRZ 1999, 367 f.). Konsequenterweise müsste dann ein kurz nach der Rechtskraft der Scheidung geborenes außereheliches Kind des Unterhaltspflichtigen als nicht eheprägend angesehen werden mit der Folge, dass der Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau hiervon nicht tangiert wird. Die Höhe des jeweiligen Unterhaltsbedarfs nach § 1578 BGB hing also von der Zufälligkeit des jeweiligen Geburtstermins des Kindes ab, ein Ergebnis, das wegen der rein formalen Anknüpfung an den Zeitpunkt der Rechtskraft nicht verständlich war.