Gegen die grundsätzliche Anberaumung eines frühen gerichtlichen Termins werden kaum ernstliche Einwände erhoben.
Die Kritik richtet sich gegen die pauschale Bevorzugung von Kindschaftssachen, soweit sich hierdurch eine zeitliche Benachteiligung anderer Familiensachen ergeben wird. Es sei nicht einzusehen, weshalb ähnlich dringende Unterhaltsfragen oder vermögenssichernde Anordnungen wegen einer Nachrangigkeit zeitlich verzögert erfolgen.
Weiter wird eingewandt, dass gründliche Terminsvorbereitungen weder durch das Jugendamt noch durch die beteiligten Anwälte möglich sein werden. Generell wird mit einiger Skepsis der Druck auf ein frühes Einvernehmen betrachtet und reklamiert, dass grundsätzlich jeder Elternteil auch Anspruch auf eine streitige Entscheidung in Kindschaftssachen haben muss.
Zurecht wird darauf hingewiesen, dass in Fällen der Kindesgefährdung sachgerechte Ergebnisse oft nur durch zeitkostende gutachterliche Einschaltung erreicht werden können und in Beschwerdeverfahren der Beschleunigungsgrundsatz schon deshalb nicht eingehalten werden kann, da die Fristen zur Beschwerdebegründung nicht an § 155 FamFG angepasst sind.
Die übrige Kritik überzeugt nur in Teilbereichen. Jeder Familienanwalt kennt die unzureichende Besetzung der Geschäftsstellen und die starke Beanspruchung des Familienrichters. Die Befürchtung, dass andere Familiensachen durch den pauschalen Vorrang der Kindschaftssachen leiden, ist daher begründet.
Um dieser Gefahr zu begegnen gilt es, mit frühen Erledigungen Raum zu gewinnen. Dies setzt voraus, dass das Familiengericht gerade in Umgangs-, Herausgabe- und Sorgerechtssachen verstärkt auch ohne Einholung von Sachverständigengutachten zu eigener Entscheidungskraft zurückfindet. Diese Pflicht ist nun in § 156 Abs. 3 FamFG vorgezeichnet, da auch bei der gutachterlichen Einschaltung das Gericht den Umgang einstweilig regeln soll. Jedenfalls in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren erscheint es vertretbar, die gutachterliche Stellungnahme auf Ausnahmen zu begrenzen.
Schnelle Erledigungen nach dem Beschleunigungsgrundsatz erfordern daneben den weitgehenden Verzicht auf konfliktverschärfenden anwaltlichen Vortrag. Die Chance, dass Umgangs- und Sorgeverfahren sich insgesamt deutlich verkürzen, ist gegeben. Es liegt an allen Beteiligten, diese zu nutzen.
Richtig ist, dass umfangreiche Vorbereitungen bei einer frühen Terminierung seltener erfolgen werden. Ist das ein Nachteil? Es besteht allgemeiner Konsens, dass es dem Kindeswohl zumindest in den bevorzugten Umgangs- und Sorgeangelegenheiten entspricht, wenn
- regelmäßiger Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil stattfindet und
- das gemeinsame Sorgerecht nach der Scheidung bestehen bleibt.
Damit ist der Inhalt des Gerichtstermins begrenzt: Gebietet oder verbietet das Kindeswohl diesen oder jenen Umgang, sprechen gewichtige Gründe für eine Sorgerechtsübertragung oder bedarf es einer Regelung zum Aufenthalt?
Es gibt anerkannte Kriterien für eine etwaige gerichtliche Entscheidung wie Kontinuität der Beziehungen, Aufenthalt von Geschwistern, räumliche Gegebenheiten oder Bindungstoleranz der Eltern.
Diese umgrenzten Themen können unter Anhörung der Parteien ohne schriftsätzliche Ausschöpfung sachgerecht in einer frühen Verhandlung erörtert werden. Konfliktvertiefende Schriften werden vermieden, aufgetretene Missverständnisse oder provokative Äußerungen müssen nicht in der Verhandlung korrigiert oder erläutert werden. Das Gericht steuert sofort auf die entscheidenden Fragestellungen, die Beteiligten verschwenden keine Energien auf Nebensächliches.
Es bleibt der Argwohn gegen das dem FamFG innewohnende Prinzip der verordneten Kooperation der Eltern. Richtig ist, dass nachhaltige Konfliktbereinigung nur auf freiwilliger Basis gedeihen wird. Wenn aufgeklärte Eltern hierzu bereit und in der Lage sind, bedarf es keines gerichtlichen Verfahrens. Sie gehen zum Mediator. Das Familiengericht wird Nachhaltigkeit nicht herbeiführen können, dies ist auch nicht seine Aufgabe. In Kindschaftssachen überzeugt das Gericht aber auch nicht mit seiner eigentlichen Kompetenz, der Entscheidung. Es schafft Gewinner und Verlierer und sorgt so bereits für einen Folgekonflikt für das Kind und die Eltern. Andere Formen der Verfahrensbeendigung sind einer Entscheidung vorzuziehen, auch um den Preis der nur eingeschränkten Freiwilligkeit. Was spricht dagegen, dass die Parteien sich auf richterliches Drängen im Termin über ihre Kindschaftssache verständigen? Die mangelnde Nachhaltigkeit jedenfalls nicht, diese kann außergerichtlich auf Basis der gerichtlichen Einigung hergestellt werden.
Und: Haben Eltern in Kindschaftssachen tatsächlich den uneingeschränkten Anspruch auf ein streitiges Verfahren? Ist es nicht vielmehr so, dass das die Eltern verpflichtende Kindeswohl dieses Recht umfangreich begrenzt?
Elterlicher Streit belastet Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren besonders und stellt damit eine Form von Kindesunwohl dar, deren Vermeidung höher zu bewerten is...