Der BGH hat in einer weiteren Entscheidung den Mittelwert aus notwendigem und angemessenem Selbstbehalt, den er schon früher angenommen hatte, auf den Betreuungsunterhalt ausgedehnt.
In der zum nachehelichen Unterhalt ergangenen Entscheidung führt der BGH aus: "Gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt muss dem Beklagten deswegen ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber dem Unterhaltsanspruch des gemeinsamen Kindes nicht unerheblich übersteigt." Zuvor sagt der BGH, dass sich der Selbstbehalt an den Grundsätzen orientieren müsse, die für einen Erwerbstätigen (da die Person wie ein Erwerbstätiger behandelt werde) gelten, der in der Mitte zwischen dem notwendigen (unverändert bei einem Erwerbstätigen 900 EUR) und dem angemessenen (unverändert 1.100 EUR) Unterhalt liegt. Ein geringer Spielraum wird den Tatrichtern vom BGH zugemessen, da die genaue Festlegung des Selbstbehalts Sache des Tatrichters ist.
In den beiden Entscheidungen vom 19.11.2008 ist einmal der Selbstbehalt für den Erwerbstätigen zugrunde gelegt worden, einmal (für den Trennungsunterhalt) der Selbstbehalt für den Nichterwerbstätigen. Konsequenterweise hat der BGH in der Entscheidung zum Trennungsunterhalt den Unterschied zu dem angemessenen Unterhalt (1.100 EUR) zugrunde gelegt, so dass er auf einen Mittelwert von 935 EUR gekommen ist (1.100 + 770 : 2 = 935 EUR), während er in der Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt einen Mittelwert von 1.000 EUR (1.100 + 900 : 2 = 1.000 EUR) angenommen hat.
Zur Gleichbehandlung des Trennungs- und Nachscheidungsunterhalts wird in der zu besprechenden Entscheidung wenig mehr gesagt als in der Entscheidung BGH FamRZ 2006, 683. Auch zu der Frage, ob die kinderbetreuenden (kleine Kinder) Eltern nicht besser behandelt werden müssen als nicht kinderbetreuende Eltern, wird wenig mehr gesagt als in der zitierten Entscheidung.
Es ist sicherlich zutreffend, wenn in der Entscheidung gesagt wird, dem Unterhaltspflichtigen müsse schon aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstelle. Wenn nun mit der Rangfolge des Anspruchs argumentiert wird, bleibt doch gerade zweifelhaft, ob dies auch für Eltern gilt, die kleine Kinder betreuen (im Streitfall war das Kind 2005 geboren). Die Eltern bringen doch eine Mischleistung auf, die einmal darin besteht, für das Kind zu sorgen, und gleichzeitig für den eigenen Lebensunterhalt. Die Argumentation damit, dass die unter dreijährige Kinder betreuenden Eltern arbeiten könnten, geht daran vorbei, dass bei Kindern unter drei Jahren die Arbeit nicht einmal vom Gesetz gefordert wird und daher überobligatorisch ist. Hier sind jedenfalls konkrete Betreuungskosten und der Betreuungsbonus zu berücksichtigen. Diese Gesichtspunkte berücksichtigt der BGH bei der Festlegung des Selbstbehalts nicht.
Anzuknüpfen ist auch an das, was Günther zu der Parallelentscheidung zum Betreuungsunterhalt gesagt hat. Angemessen wäre, so Günther, ein Wert von 855 EUR, jedenfalls bei einem schon längere Zeit aus dem Berufsleben Ausgeschiedenen. Das würde der Mutter jedenfalls die Chance geben, unterhaltsrechtlich an Lohnersatzleistungen in gewissem Maße zu partizipieren.
Auch wenn der BGH nur von einem pauschalen Selbstbehalt spricht, bleiben diese Fragen gerechtfertigt.
Dr. Helmut Büttner, Vorsitzender Richter am OLG a.D., Sankt Augustin