Der Gesetzgeber ist hierdurch in seiner Gestaltungsfreiheit nicht eingeengt. Er kann bei seiner bisherigen Konzeption der Sorgerechtszuweisung an nicht miteinander verheiratete Eltern bleiben, hat dann aber in Überarbeitung der gesetzlichen Normen nach den in der Entscheidung angeführten verfassungsrechtlichen Vorgaben den Eltern die Möglichkeit der gerichtlichen Einzelfallprüfung einzuräumen. Er kann aber auch anderen Ländern folgen und dem Vater mit rechtswirksamem Anerkenntnis der Vaterschaft kraft Gesetzes die Mitsorge für das Kind gemeinsam mit der Mutter übertragen. Einer solchen Regelung wird von Einigen zugesprochen, sie trage dem Elternrecht des Vaters noch besser Rechnung, weil hierdurch das Verantwortungsbewusstsein beider Eltern für ihr Kind gestärkt würde und sich Konflikte verhindern ließen, die allein schon dadurch entstehen können, dass sich Eltern nach bisheriger Regelung überlegen müssen, ob sie sich wirklich bei der Sorgetragung für das Kind rechtlich aneinander binden wollen.[60] Diese Einschätzung mag für viele Fälle, in denen die Eltern zusammenleben, nicht falsch sein. Hier könnten Rechtsstreite über die gemeinsame Sorge jedenfalls bis zur Trennung des Paares vermieden werden. Doch auch bei dieser sorgerechtlichen Konstruktion ist allein schon aus Kindeswohlgesichtspunkten unabdingbar, eine gerichtliche Einzelfallprüfung zu ermöglichen, ob die gemeinsame Sorge wirklich dem Kindeswohl dienlich ist. Und angesichts der Vielfalt der familiären Situationen, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden, würde von einer solchen gerichtlichen Überprüfung sicherlich nicht nur in geringer Zahl Gebrauch gemacht werden. Es ist der Einschätzung des Gesetzgebers überlassen, ob er es für sinnvoller hält, der Beteiligung des Vaters an der Sorge für sein Kind eine Kindeswohlprüfung im Einzelfall vorzuschalten oder diese nachfolgend zu ermöglichen. In beiden Fällen wäre dem Kindeswohl und dem Elternrecht hinreichend Rechnung getragen. Wie auch immer der Gesetzgeber im Sorgerecht die Regel setzt und der Ausnahme die Türe öffnet – es ist müßig, darüber zu spekulieren, welche Rechtskonstruktion letztlich zu mehr gerichtlicher Überprüfung im Einzelfall führt.

[60] Muscheler, Die elterliche Sorge des Vaters, in: Festschrift für Rainer Frank, 2008, S. 463 (470); Willutzki, Elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern, ZKJ 3/2010, 86 (89).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge