BGH, Beschl. v. 9.3.2022 – XII ZB 233/21

a) Auch beim Kindesunterhalt können grundsätzlich bis zur Höhe des Wohnvorteils neben den Zinszahlungen zusätzlich die Tilgungsleistungen berücksichtigt werden, die der Unterhaltspflichtige auf ein Darlehen zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie erbringt (Fortführung der Senatsbeschl. BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519 und v. 15.12.2021 – XII ZB 557/20, NZFam 2022, 208).

b) Überschreitet der Schuldendienst für die Immobilie den dadurch geschaffenen Wohnvorteil nicht, ist aber gleichwohl der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gefährdet, kann dem gesteigert Unterhaltspflichtigen zwar nicht eine vollständige Aussetzung der Tilgung, wohl aber nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise eine Tilgungsstreckung zugemutet werden. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn eine besonders hohe Tilgung vereinbart wurde oder die Immobilie bereits weitgehend abbezahlt ist.

OLG Köln, Beschl. v. 8.6.2021 – 10 UF 24/21

1. Die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den er auch bei Verpflichtung zum Mindestunterhalt minderjähriger Kinder grundsätzlich vorrangig bedienen darf.

2. Dieses Interesse des unterhaltspflichtigen Elternteils an einer Erstausbildung tritt aber hinter dem Interesse des Kindes auf Zahlung des Mindestunterhalts zurück, wenn bereits mehrere Erstausbildungen abgebrochen wurden und der Unterhaltsschuldner in der Lage ist, eine berufliche Tätigkeit auszuüben, mit der er sowohl sein Einkommen als auch den Mindestunterhalt erwirtschaften kann (im Anschluss an OLG Hamm, FamRZ 2015, 1972 [LSe]).

OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.1.2022 – 11 WF 171/20, FamRZ 2022, 526 (red. LS)

1. Verfügt ein unterhaltspflichtiger Elternteil über keine abgeschlossene Berufsausbildung, kann ihm die Aufnahme einer Ausbildung nicht verwehrt werden, auch wenn die Schulzeit länger zurückliegt (im Anschluss an BGH FamRZ 2011, 1041, 1044, m. Anm. Hoppenz, FamRZ 2011, 1045, und Anm. Volmer, FamRZ 2011, 1647).

2. Er ist nicht verpflichtet, die Ausbildung aufzugeben, um den Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind aufzubringen; erst recht nicht, wenn aufgrund der Berufsausbildung in absehbarer Zeit ein Einkommen erzielt werden kann, mit dem der künftige Kindesunterhalt gesichert wird.

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