EuGH, Urt. v. 16.2.2023 – Rs. C-638/22 PPU

Art. 11 Abs. 3 Brüssel IIa-VO ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen Stellen, die nicht den Status eines Gerichts haben, die Aussetzung der Vollstreckung einer auf der Grundlage des Haager Kindesentführungsübereinkommens (HKÜ) ergangenen Rückgabeentscheidung von Rechts wegen für eine Dauer von mindestens zwei Monaten erwirken können, ohne ihren Antrag auf Aussetzung begründen zu müssen.

EuGHMR, Urt. v. 6.12.2022 – Beschwerde Nr. 25212/21: K.K. u.a. ./. Dänemark

1. Ist ein Kind durch eine Leihmutterschaft geboren und die Vaterschaft des intendierten und genetischen Vaters festgestellt, so gebietet es das Recht auf Achtung des Privatlebens des Kindes nach Art. 8 EMRK, dass auch dann die Möglichkeit zur Etablierung der rechtlichen Elternschaft des anderen Elternteils besteht, wenn es sich um eine im Widerspruch zu nationalem Recht stehende kommerzielle Leihmutterschaft handelt.

2. Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen des Kindes auf Achtung seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK und des öffentlichen Interesses der Verhinderung kommerzieller Leihmutterschaften wiegt der konkrete Eingriff in die Rechte des Kindes schwerer als das abstrakte Risiko anderer durch kommerzielle Leihmutterschaftsvereinbarungen. (Leitsätze, Übersetzung, Bearbeitung und Anmerkung Jens Scherpe, FamRZ 2023, 615).

Autor: Gabriele Ey, Vorsitzende Richterin am OLG a.D., Bonn

FF 5/2023, S. 213 - 219

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