Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 20.1.2023 die Verfassungsbeschwerde des Vaters gegen die einstweilige Anordnung eines unbefristeten Umgangsausschlusses nicht zur Entscheidung angenommen. Hintergrund des Umgangsausschlusses war der von der Mutter erhobene Verdacht des sexuellen Missbrauchs der 2012 und 2016 geborenen Mädchen sowie der von den Kindern ausgehende Widerstand gegen Umgang. Die Kammer hat deutlich gemacht, dass die Anordnung eines lang andauernden Umgangsausschlusses nur unter den gleichen Voraussetzungen wie eine kinderschutzrechtliche Maßnahme nach §§ 1666, 1666a BGB zulässig ist. Diesen Anforderungen genüge die Entscheidung des OLG. Eine Kindeswohlgefährdung bei jeglichem Kontakt der Kinder mit dem Vater auf den weiterhin im Raum stehenden Verdacht des sexuellen Missbrauchs zu stützen, sei aufgrund der anzuwendenden je-desto-Formel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn sollten sich die Anschuldigungen der älteren Tochter über Körperkontakt bestätigen, ginge damit eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres Kindeswohls einher. Ein insoweit nicht durchgängig konstantes Aussageverhalten stelle wegen der für den Fall zutreffender Angaben über Kontakt mit dem Geschlechtsteil des Vaters gegebenen gravierenden Kindeswohlgefährdung die Tragfähigkeit der Prognose nicht in Frage. Der ablehnende Wille sei zudem jedenfalls in Bezug auf die ältere, jetzt zehnjährige Tochter zu berücksichtigen.
Eine weitere Nichtannahme vom 14.12.2023 hat das BVerfG ebenfalls ausführlich begründet. Hintergrund waren drei nacheinander durch das Amtsgericht wegen einer Umgangsverweigerung durch die Kinder erlassene Umgangsausschlüsse mittels einstweiliger Anordnung, ohne dass die verfahrensbetroffenen Kinder einmal im einstweiligen Anordnungsverfahren durch das Amtsgericht angehört worden waren. Der zweite Beschluss war dabei mit dem ersten identisch und verwies lediglich ergänzend auf eine im Hauptsacheverfahren drei Monate zuvor erfolgte Anhörung. Der letzte Beschluss erfolgte weitere 6 Monate später. Das BVerfG macht zwei Umstände deutlich: Es weist darauf hin, dass die für einen lang andauernden Umgangsausschluss geltenden strengen Anforderungen an die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung und Verhältnismäßigkeit gleichermaßen für wiederholte, zeitlich aneinander anschließende einstweilige Anordnungen gelten. Der zweite Umstand betrifft die Verfahrensführung des Amtsgerichts, und zwar primär den Umstand, dass das AG die Kinder nicht einmal im eA-Verfahren angehört hat und die Annahme einer Kindeswohlgefährdung auf in der Vergangenheit liegende Aspekte gestützt hat, ohne sich zu fragen, wie Kontakte wieder angebahnt werden könnten. Schließlich weist die Kammer darauf hin, dass, soweit das Fachgericht eine im einstweiligen Anordnungsverfahren festzustellende Kindeswohlgefährdung mit einer im Hauptsacheverfahren durchgeführten Kindesanhörung in analoger Anwendung des § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG begründen will, diese regelmäßig nur wenige Monate zurückliegen darf und neue Erkenntnisse nicht zu erwarten sein dürfen. Für die Praxis bleibt festzuhalten, dass auch bei wiederholten einstweiligen Umgangsausschlüssen die zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt aktuell (noch) drohende Kindeswohlgefährdung jeweils durch das Gericht erneut nach Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit für jedes Kind differenziert festzustellen ist und nicht einfach eine einmal angenommene Kindeswohlgefährdung "fortgeschrieben" werden kann. Entsprechend bedarf es der (wiederholten) Ermittlung des aktuellen Kindeswillens, Ermittlung der Gründe für die Verweigerungshaltung und Überprüfung auf ihre Aktualität hin.
In dem durch den 13. Familiensenat des OLG Hamm entschiedenen Fall hatte sich der durch das AG angeordnete Umgangsausschluss durch Zeitablauf bereits erledigt. Hintergrund war auch hier eine Umgangsverweigerung des im Jahr 2008 geborenen Jugendlichen. Der Senat hat die gegen die amtsgerichtliche Entscheidung eingelegte Beschwerde unter Verneinung einer Erledigung der Hauptsache durch Zeitablauf zurückgewiesen. Grundsätzlich dürften die Gerichte sich nicht auf eine Ablehnung einer beantragten Umgangsregelung beschränken, sondern müssten Umgänge entweder konkret regeln oder einschränken bzw. ausschließen. Hiervon gebe es jedoch Ausnahmen. Eine solche bejahte der Senat, weil sich der verfahrensbetroffene Jugendliche eindeutig dahin positioniert habe, sich einen persönlichen Kontakt mit seinem Vater vorstellen zu können, allerdings nur soweit er selbst das möchte und er einen Sinn darin sehe, so dass eine gerichtliche Regelung nicht möglich sei. Für die Praxis ist darauf hinzuweisen, dass die allgemein anerkannten Fälle, in denen eine Umgangsregelung ausnahmsweise entbehrlich ist, nicht den Fall der Umgangsverweigerung umfassen.
Gleich mehrere Entscheidungen haben sich Jahr 2023 mit dem in allen Facetten streitigen Problem des Kontakt- und Näherungsverbots gegenüber dem umgangsberechtigten Elternteil auseinandergesetzt.
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