BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1
Leitsatz
a) Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung aufseiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist.
b) Das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand oder auf Grund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren, nicht aber z.B. ein Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs.
c) Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsrechtlich leichtfertigem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen Fällen von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die neue Unterhaltspflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen.
BGH, Versäumnisurt. v. 6.2.2008 – XII ZR 14/06 (OLG Karlsruhe, AG Heidelberg)
Sachverhalt
Tatbestand: Die Parteien streiten noch um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts, Abänderung einer Jugendamtsurkunde über den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 3 sowie um Rückzahlung überzahlten Unterhalts einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung.
Der Kläger und die Beklagte zu 1 sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die am 9.11.1993 geborene Beklagte zu 2 und die am 29.7.1986 geborene Beklagte zu 3 hervorgegangen. Die Kinder leben noch bei ihrer Mutter.
Am 9.7.1999 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 1 einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Kläger zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts und – für den Fall der Scheidung – monatlichen nachehelichen Unterhalts in Höhe von 754 DM verpflichtete. Dabei gingen sie davon aus, dass der Kläger für die Beklagte zu 2 monatlich 522 DM und für die Beklagte zu 3 monatlich 618 DM jeweils abzüglich hälftigen Kindergeldes als Kindesunterhalt zahlt. Sie waren sich weiter darüber einig, dass die Beklagte zu 1 bis einschließlich Juli 2003 monatlich 1.000 DM netto anrechnungsfrei hinzuverdienen durfte und dass für diesen Zeitraum unmaßgeblich sein sollte, ob die Beklagte zu 1 in einer neuen Partnerschaft lebte. Für die Zeit ab August 2003 sollten sie hieran nicht mehr gebunden sein.
Der Kläger ist seit Juni 2000 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist am 11.7.2001 eine weitere Tochter hervorgegangen. Der Kläger wohnt mit seiner neuen Ehefrau und seiner jüngsten Tochter mietfrei in einem Haus der neuen Ehefrau.
Mit Vergleich vom 6.2.2002 änderten der Kläger und die Beklagte zu 1 den Unterhaltsvergleich vom 9.7.1999 ab. Der nacheheliche Unterhalt wurde auf monatlich 333 EUR herabgesetzt; im Übrigen sollte es bei der Grundlage des Vergleichs vom 9.7.1999 verbleiben.
Mit Jugendamtsurkunden vom 27.2.2002 erkannte der Kläger seine Unterhaltspflicht gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 in Höhe von 107 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe an.
Für die Zeit bis einschließlich Januar 2005 wurden auf den nachehelichen Unterhalt der Beklagten zu 1 monatlich 333 EUR beigetrieben. Ab Februar 2005 zahlte der Kläger an die Beklagten monatlich 568 EUR, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 249 EUR auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 2, 219 EUR auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 3 und 100 EUR auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 entfielen. Darüber hinaus hinterlegte der Kläger auf die Unterhaltsansprüche der Beklagten bei deren Prozessbevollmächtigten monatlich 287 EUR.
Mit der Klage hat der Kläger zuletzt den Wegfall seiner nachehelichen Unterhaltspflicht, eine Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten zu 3 auf monatlich 219 EUR, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung von Unterhaltszahlungen für die Zeit von August bis Oktober 2004 durch die Beklagte zu 2, Rückzahlung beigetriebenen nachehelichen Unterhalts und Kindesunterhalts sowie Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung verlangt.
Das AG hat der Klage insoweit stattgegeben, als es den nachehelichen Unterhalt aus dem Vergleich vom 6.2.2002 für die Zeit ab August 2004 auf monatlich 237 EUR herabgesetzt, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2 aus der Jugendamtsurkunde für die Zeit von August bis Oktober 2004 für unzulässig erklärt und die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten zu 3 für die Zeit ab Februar 2005 auf monatlich 219 EUR herabgesetzt hat. Außerdem hat es die Beklagten verurteilt, Unterhalt an den Kläger zurückzuzahlen, und zwar die Beklagte zu 1 in Höhe beigetriebener 96 EU...