BGB § 1610 Abs. 2
Leitsatz
Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten. Das gilt sowohl für die Zeit vor dem 31.12.2007 als auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes 2007 am 1.1.2008 (Aufgabe der Senatsurt. v. 14.3.2007 – XII ZR 158/04 – FamRZ 2007, 882, 886 und vom 5.3.2008 – XII ZR 150/05 – FamRZ 2008, 1152, 1154). Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind dagegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten.
BGH, Urt. v. 26.11.2008 – XII ZR 65/07 (KG, AG Tempelhof-Kreuzberg)
Sachverhalt
Tatbestand: Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
Die Eltern des am 9.1.2002 geborenen Klägers lebten bis Februar 2003 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Seitdem lebt der Kläger bei seiner alleinsorgeberechtigten Mutter, die mit ihm im Sommer 2004 – während des Unterhaltsrechtsstreits – in die Schweiz verzogen ist. Der Kläger, der an Epilepsie leidet, besucht dort – wie schon zuvor in Deutschland – eine Kindertagesstätte. Dafür fielen im Jahre 2005 – bei einem Tagessatz von 25,80 CHF für einen Halbtagesplatz – Kosten von insgesamt 5.726 CHF an. Die Kosten für das Jahr 2006 beliefen sich u.a. auf 701,50 CHF für April, 140,30 CHF für September und jeweils 491,65 CHF für Oktober und November. Die Mutter des Klägers ist jedenfalls seit 2005 mit 60 % einer vollschichtigen Stelle berufstätig.
Der Beklagte ist Geschäftsführer sowie Gesellschafter einer GmbH, die verschiedene Autohäuser betreibt. Im Jahre 2005 hat er geheiratet; aus der Ehe ist am 3.2.2006 ein Kind hervorgegangen. Außerdem hat der Beklagte aus einer früheren Beziehung eine 1985 geborene Tochter.
Die Eltern des Klägers waren darüber einig, dass der Beklagte Kindesunterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der "Berliner Tabelle" abzüglich hälftigen Kindergeldes und zuzüglich der Beiträge für die Krankenversicherung zahlt. Mit der Klage hat der Kläger Unterhalt in Höhe des hälftigen Kindergeldes von 77 EUR monatlich geltend gemacht, da Kindergeld seit dem Umzug in die Schweiz im Sommer 2004 nicht mehr gewährt werde. Darüber hinaus hat er u.a. weitere Kosten der Krankenversicherung sowie ab März 2005 einen monatlichen Betrag von 298 EUR für den Besuch der Kindertagesstätte begehrt.
Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben, allerdings einen Anspruch wegen der durch den Besuch der Kindertagesstätte anfallenden Kosten abgelehnt. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG dem Kläger weitergehenden Unterhalt, nämlich die monatlichen Kosten der Selbstbeteiligung in der Krankenversicherung sowie diejenigen für den Besuch der Kindertagesstätte in Höhe von monatlich 298 EUR ab März 2005, zuerkannt. Dagegen richtet sich die – beschränkt auf die ausgeurteilten Kindergartenkosten zugelassene – Revision des Beklagten, mit der er insoweit Klageabweisung erstrebt.
Aus den Gründen
Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Kammergericht.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 2100 ff. veröffentlicht ist, allerdings den Unterhaltsanspruch nach deutschem Recht beurteilt. Da sowohl der Kläger als Unterhaltsberechtigter als auch der Beklagte als Unterhaltsverpflichteter Deutsche sind und der Unterhaltsverpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ist nach Art. 18 Abs. 5 EGBGB deutsches Recht anzuwenden. Dem steht nicht entgegen, dass im Verhältnis zur Schweiz das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht v. 2.10.1973 (BGBl. II 1986, 837) gilt, nach dessen Art. 4 das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht maßgebend ist. Denn Deutschland hat gem. Art. 24 EGBGB den in Art. 15 des Übereinkommens vorgesehenen Vorbehalt erklärt, nach dem die Behörden eines Vertragsstaates ihr innerstaatliches Recht anwenden können, wenn der Berechtigte und der Verpflichtete Staatsangehörige dieses Staates sind und der Verpflichtete dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (vgl. Bekanntmachung v. 26.3.1987, BGBl. II 225).
2. Das Berufungsgericht hat den Beklagten für verpflichtet gehalten, die Kosten für die Unterbringung des Klägers in der Kindertagesstätte T. in Höhe von monatlich 298 EUR ab März 2005 zu übernehmen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Ob es sich bei den Kosten für die Unterbringung eines Kindes in einem Kindergarten um einen Bedarf des Kindes oder des betreuenden Elternteils handele, sei in der Rspr. der Oberlandesgerichte und im Schrifttum umstritten. Zu folgen sei der Auffassung, dass zumindest die Kosten für den halbtägigen Besuch einer solchen Einrichtung zum Bedarf des Kindes gehörten. Nur diese Beurteilung we...