Die Konzeption des geltenden Rechts, die die Zuweisung des gemeinsamen Sorgerechts zum Zeitpunkt der Geburt vom Konsens der Eltern abhängig macht und diesen Konsens nur bei verheirateten Eltern vermutet, im Übrigen aber entsprechende Erklärungen der Eltern verlangt, ist angesichts der (vermuteten) vielfältigen Formen außerehelicher Elternschaft verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der verfassungsrechtlich vorgegebene Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers dürfte sich erst dann reduzieren, wenn sich die Annahme, ein nicht unerheblicher Teil der nicht miteinander verheirateten Eltern wolle die Sorge nicht gemeinsam ausüben und könne dies mangels einer tragfähigen sozialen Elternbeziehung auch nicht, auf der Grundlage der laufenden Studie als völlig haltlos erweisen sollte. Derzeit wissen wir aber beispielsweise noch nicht, wie häufig Väter nichtehelich geborener Kinder ein so großes Desinteresse an der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung haben, dass sie – wie in dem jüngst vom BVerfG entschiedenen Fall zur Umgangspflicht des Vaters – selbst jede Form des Umgangs verweigern.
Auch die originäre Zuweisung der elterlichen Sorge an die Mutter und nicht an den Vater ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil sie nicht nur im Hinblick auf eine eindeutige (der Rechtssicherheit dienende) Zuordnung im Moment der Geburt die praktikablere Lösung ist, sondern regelmäßig auch kindeswohlbestimmt ist: Typischerweise steht das Neugeborene auf Grund biologischer und soziologischer Gegebenheiten in einem besonderen Näheverhältnis zur Mutter. Ausdrücklich hat auch der EGMR diese Regelung des deutschen Kindschaftsrechts akzeptiert. Eine solche typisierende Regelung, die eine originäre geschlechtsspezifische Zuweisung der elterlichen Sorge ohne vorherige Kindeswohlprüfung vorsieht, wird schließlich nicht dadurch infrage gestellt, dass in Einzelfällen bereits zum Zeitpunkt der Geburt der Vater besser als die Mutter zur Ausübung der elterlichen Sorge geeignet ist.
Verfassungsrechtlich unbedenklich bleibt die typisierende Bevorzugung der Mutter durch originäre Zuweisung der elterlichen Sorge jedoch nur dann, wenn die Entscheidung über den Antrag des Vaters auf Teilhabe an der elterlichen Sorge oder auf Übertragung der elterlichen Sorge allein von kindeswohlorientierten Kriterien abhängig gemacht wird. Für die Frage der Verfassungskonformität der Neuregelungen werden daher die Kriterien, nach denen der Vater an der elterlichen Sorge auch gegen den Willen der Mutter zu beteiligen (im Folgenden Ziff. 2) bzw. ihm die alleinige elterliche Sorge zu übertragen ist (siehe unten Ziff. 3), von entscheidender Bedeutung sein.