Einführung
Wurde eine Ehe im Ausland geschieden und möchte der Geschiedene in Deutschland wieder heiraten, so bedarf es in der Regel der Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils. Auch bei Nachfolgeentscheidungen wie Unterhaltsprozessen oder Antrag auf Versorgungsausgleich ist die Ehescheidung als Vorfrage entscheidungserheblich. Schließlich sind auch Erben und Kinder oftmals mit der Notwendigkeit der Anerkennung eines ausländischen Ehescheidungsurteils konfrontiert.
Heimat-Scheidungen bedürfen keiner Anerkennung. Soweit EU-Vorschriften anwendbar sind, gibt es Erleichterungen, ansonsten verbleibt es beim Feststellungsmonopol des deutschen Staates.
A. Ausnahme Heimat-Scheidungen
Gemäß § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG sind ausländische Entscheidungen, mit der die Nichtigkeit, Aufhebung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe, oder über Trennung der Eheleute unter Aufrechterhaltung des Ehebandes entschieden wurde, von der Notwendigkeit einer Anerkennung in Deutschland befreit, wenn es sich um eine sog. Heimatstaat-Entscheidung handelt. Eine solche liegt vor, wenn die ausländische Entscheidung durch ein Gericht oder eine Behörde des gemeinsamen Heimatstaates beider Ehegatten erfolgt ist. Solche Entscheidungen werden durch jede in Deutschland damit befasste Behörde bzw. jedes damit befasste Gericht inzidenter anerkannt.
Handelt es sich bei den Beteiligten des Ehescheidungsverfahrens im Heimatstaat um Personen, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzen, so wird nach herrschender Meinung nicht von einer Heimat-Scheidung i.S.v. § 107 Abs. 1 Satz 2 V FamFG ausgegangen. Gleiches gilt, wenn zumindest einer der Ehegatten im Scheidungszeitpunkt als heimatloser Ausländer, Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling einem anderen Personalstatut als dem des Scheidungsstaates unterstand.
Nach dem Wortlaut des § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG hängt die Anerkennung einer solchen Entscheidung "… nicht von der Feststellung der Landesjustizverwaltung ab", woraus der Umkehrschluss zu ziehen ist, dass ein Anerkennungsverfahren aber auch nicht ausgeschlossen ist. Im Falle einer Scheidung im gemeinsamen Heimatstaat soll für ein Anerkennungsverfahren aber ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen.
Privat-Scheidungen unterfallen dem Privileg der Heimatstaat-Entscheidungen nicht, auch wenn eine Behörde entsprechend den von ihr zu beachtenden Normen zumindest deklaratorisch registrierend oder beurkundend mitgewirkt hat.
B. Ehescheidungen eines EU-Landes (außer Dänemark)
I. Sachlicher Anwendungsbereich der EuEheVO
Schon in der EheVO I, die am 1.3.2001 in Kraft getreten ist, war in Artikel 14 vorgesehen, dass die Mitgliedsstaaten die Ehescheidungen von anderen Mitgliedsstaaten ohne besonderes Verfahren anzuerkennen haben. Diese Verordnung wurde zum 1.3.2005 abgelöst durch die jetzt gültige EuEheVO (auch als EheVO II oder VO Brüssel IIa bezeichnet). Die Verordnung ist nach ihrem Artikel 72 in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar anwendbar. Das gilt nach dem 31. Erwägungsgrund jedoch nicht für Dänemark, weil es gemäß Protokoll zum Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft seine Teilnahme ausgeschlossen hat. Die europäische Rechtssetzung in Form der EuEheVO ist deshalb auf Dänemark nicht anwendbar. Zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen ist damit Dänemark wie ein Land zu behandeln, das nicht der EU angehört.
Innerhalb des Wirkungsbereichs der EuEheVO beruht die Anerkennung von Entscheidungen der Gerichte anderer Mitgliedsstaaten auf der Annahme des gegenseitigen Vertrauens, weswegen die vom Anwendungsbereich der Verordnung erfassten Entscheidungen nach Art. 21 Abs. 1 EuEheVO automatisch anzuerkennen sind, was bedeutet, dass die Anerkennung ohne weiteren Rechtsakt erfolgt, soweit kein Versagungsgrund vorliegt. Auf die Staatsangehörigkeit der Beteiligten kommt es nicht an. Ein Delibrationsverfahren ist damit zwischen den EU-Staaten bei Anwendbarkeit der EuEheVO abgeschafft.