Klaus Weil
Das im April 2009 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats beschlossene Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs wird dieses Jahr 10 Jahre alt. Vermutlich werden die meisten von uns noch immer vom "Neuen Versorgungsausgleich" sprechen.
Die vor 10 Jahren beschlossene Reform des alten Versorgungsausgleichs sollte eine gerechte Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vorsorgevermögen gewährleisten, indem die in der Ehezeit erworbenen Anrechte künftig grundsätzlich systemintern geteilt werden sollten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht im Versorgungssystem der ausgleichspflichtigen Person erwirbt und damit automatisch gleichberechtigt an deren Chancen und Risiken teilnimmt. Der vorherige Ausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung, teilweise nach Anpassung über die damals existierende Barwertverordnung, verfehlte nach damaliger Auffassung häufig die rechnerische Halbteilung im Versorgungsfall. Diese Halbteilung sollte nunmehr durch die sog. interne Teilung sichergestellt werden. Insbesondere eine Prognose über die künftige Wertentwicklung des Anrechts sollte damit nicht mehr notwendig sein, weil die Vergleichbarmachung als Voraussetzung der Saldierung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung entfiele.
Darüber hinaus stellte der Deutsche Bundestag im Entwurf des Gesetzes fest, dass neben den bis dahin bestehenden Gerechtigkeitsdefiziten sich der Versorgungsausgleich zu einem Rechtsgebiet entwickelt habe, in dem sich nur noch wenige Experten auskennten. Explizit wurde festgestellt, dass ein solches Recht, das von der Mehrzahl der Anwender nicht mehr mit vertretbarem Aufwand verstanden werden könne, auch nicht dem Gebot der Normenklarheit entspreche und somit reformbedürftig sei.
Wohlgemerkt, ich spreche von der Reformbedürftigkeit des alten Versorgungsausgleichsrechts.
Nach nunmehr 10 Jahren der Anwendung des neuen Versorgungsausgleichsrechts ist der Zeitpunkt gekommen, eine Bilanz zu ziehen. Sind die Bedenken hinsichtlich des alten Rechts durch das neue Versorgungsausgleichsrecht ausgeräumt worden? Hat sich das Expertenrecht zu einem anwenderfreundlichen und von allen Beteiligten leicht zu verstehenden Recht gewandelt? Besteht nach 10 Jahren seiner Anwendung erneut ein dringender Reformbedarf aufgrund der zwischenzeitlichen Erfahrungen bei der Anwendung?
Dies alles sind Fragen, die sich auch die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im DAV stellt. Aus diesem Grunde und anlässlich des 10-jährigen Geburtstags des "Neuen Versorgungsausgleichs" veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht in Kooperation mit dem Darmstädter Kreis und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) am 8. November 2019 eine Geburtstagsfeier in Form des Forums zum Versorgungsausgleich. Stattfinden wird dies in den Räumlichkeiten des BMJV in Berlin. Die Anwender des "neuen" Rechts werden dabei zu ihren speziellen Erfahrungen mit der Umsetzung der Vorschriften, aber auch ihre ursprünglichen Vorstellungen vom neuen Recht und die ihres Erachtens dringend notwendigen Reformen referieren.
Hierbei werden sicherlich die Fragen des Werteverzehrs eines Anrechts im Falle des Leistungsbezugs, die vergessenen, verschwiegenen und übersehenen Anrechte aber auch die Frage der Umsetzung des Versorgungsausgleichs nach rechtskräftiger Scheidung eine Rolle spielen. Die Einladung zu dieser Veranstaltung wird in Kürze erfolgen.
Die Diskussion wird zeigen, ob die Neuordnung der Vorschriften im Jahre 2009 zu einem tatsächlich einfacheren und klar gegliederten Gesetz geführt haben, was zum besseren Verständnis des Versorgungsausgleichs beiträgt.
Vielleicht ist es Zeit, nach nunmehr 10-jähriger Anwendung über ein "Facelift" des Gesetzes nachzudenken. Was eignet sich besser dazu als eine entsprechende Geburtstagsfeier.
Autor: Klaus Weil
Klaus Weil, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Marburg
FF 6/2019, S. 221