Insgesamt ist der Diskussionsteilentwurf positiv zu bewerten. Er bringt die Rechte der verschiedenen Personen, die die Elternstellung einnehmen möchten oder könnten, zumeist gut in Ausgleich. Er lässt auch Raum für die Selbstbestimmung der Eltern und beachtet hinreichend die gestiegene Bedeutung der sozialen Verantwortungsübernahme.

Ein wirklich modernes Abstammungsrecht könnte aber noch konsequenter sein. Eine Begrenzung auf zwei Elternteile ist nicht mehr zeitgemäß. Der Schritt zur Loslösung von der biologischen Wahrheit der Abstammung wird im Entwurf eindeutig vollzogen. Es gibt dann aber keinen Grund mehr, die Tatsache, dass heute häufig mehr als zwei Personen dauerhaft Verantwortung für ein Kind übernehmen wollen, nicht auch im Abstammungsrecht abzubilden. Damit würde sich das Abstammungsrecht für die soziale Realität öffnen, die sowohl mehr als auch weniger als zwei Elternteile für ein Kind mit sich bringen kann.

An einigen Stellen denkt der Entwurf zudem noch zu sehr von den Rechten der (potentiellen) Eltern her. Das gilt weniger in Bezug auf den genetischen Vater, dessen Rechte in einem angemessenen Verhältnis mit den Rechten der übrigen Beteiligten zu stehen scheinen. Es gilt aber in Hinblick auf die intendierte Elternschaft bei heterologer Insemination.

Insgesamt ist ein Abstammungsrecht, das den modernen Familienformen gerecht wird und die stabile Statusbeziehung des Kindes in den Mittelpunkt stellt, nicht mit einfachen Regeln zu haben. Differenzierende, den Elternwillen bis zu einem gewissen Maß einbeziehende Lösungen sind erforderlich. Statusänderungen sollten so ausgestaltet werden, dass sie eher einen Mehrwert für das Kind mit sich bringen, als dass sie diesem etwas wegnehmen. Und es bleibt nichts anderes übrig, als auch das Fortpflanzungsrecht zu ändern.

Autor: Prof. Dr. Bettina Heiderhoff, Münster

FF 6/2020, S. 225 - 236

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