Nicht ganz klar ist, wann es sich nach dem Verständnis der neuen Verordnung um eine "Entscheidung", also eine Verfahrensscheidung, und wann um eine "öffentliche Urkunde" oder "Vereinbarung" handelt. Von der Einordnung hängt aber ab, ob die Anerkennungsvorschriften der Art. 30 ff. oder der Art. 64 ff. Brüssel IIb-VO gelten. Die Anerkennungsregeln ähneln einander zwar stark, allerdings sieht die Verordnung zwei unterschiedliche Bescheinigungen vor. Im Falle einer Entscheidung ist für die Anerkennung eine Bescheinigung nach Art. 36 i.V.m. Anhang II zur Brüssel IIb-VO vorzulegen; im Falle einer öffentlichen Urkunde oder Vereinbarung eine Bescheinigung nach Art. 66 i.V.m. Anhang VIII zur Brüssel IIb-VO.

Die Begriffsdefinitionen in Art. 2 Brüssel IIb-VO helfen bei der Abgrenzung nicht viel weiter. Als hilfreicher erweist sich der 14. Erwägungsgrund der Verordnung, der in S. 2 und 3 maßgeblich darauf abstellt, ob ein Gericht (worunter auch Behörden fallen, vgl. Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Brüssel IIb-VO) eine "Prüfung in der Sache" vornimmt oder ob sich die staatliche Mitwirkung lediglich auf ein "förmliche[s] Tätigwerden einer Behörde" oder sonstigen Stelle beschränkt. Auch Vertragsscheidungen, bei denen eine inhaltliche Prüfung durch eine staatliche Stelle erfolgt, werden also künftig als "Entscheidungen" eingeordnet. Das könnte bedeuten, dass zumindest die italienische Anwaltsscheidung mit inhaltlicher Prüfung durch den Staatsanwalt und die spanische Rechtspflegerscheidung unter die Art. 30 ff. und nicht unter die Art. 64 ff. Brüssel IIb-VO fallen.

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