Der Deutsche Bundestag hat am 27.6.2008 das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) beschlossen. Der Bundesrat wird sich am 19.9.2008 abschließend mit der Reform befassen.
Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird erstmals in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und vollständig neu geregelt.
Die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens enthält folgende Kernpunkte:
Neuerungen im Verfahren in Kindschaftssachen (z.B. Verfahren über Sorge- und Umgangsrecht, die Herausgabe eines Kindes oder die Vormundschaft):
- Dringliche Kindschaftssachen, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht, müssen künftig vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Die Verfahrensdauer in umgangsrechtlichen Verfahren soll verkürzt werden.
- Die Verfahren sollen zeitnah verhandelt werden. Das Gericht soll den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern. Dabei hat es die Eltern getrennt anzuhören, wenn dies zum Schutz eines Elternteils notwendig ist.
Diese wichtigen Neuerungen werden bereits in Kürze in Kraft treten, da sie in das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls eingestellt wurden.
Weitere wichtige Reformschritte in Verfahren mit Kindesbezug sind:
- Das Gericht soll den Versuch einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts unternehmen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.
- Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes werden verstärkt. In schwierigen Fällen wird das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt.
- Die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren wird erweitert.
- Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen wird effektiver.
- Künftig wird es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht.
Neuerungen in anderen familiengerichtlichen Verfahren:
- In Scheidungssachen muss der Antragsteller im Scheidungsantrag künftig angeben, ob die Ehegatten sich über die Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangs und des Unterhalts verständigt haben. Das soll die Eltern dazu anhalten, vor Einleitung des Scheidungsverfahrens die künftigen Lebensumstände der Kinder zu klären.
- In Unterhaltssachen wird die Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch weitergehende Auskunftspflichten der Beteiligten verbessert.
- Mit dem Großen Familiengericht soll die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Damit wird es den Gerichten ermöglicht, alle durch den sozialen Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten in einer Zuständigkeit zu entscheiden. Das Vormundschaftsgericht wird aufgelöst. Seine Aufgaben werden vom Familiengericht und vom Betreuungsgericht übernommen. Das führt zu einer Straffung gerichtlicher Zuständigkeiten.
Die Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält zugleich eine Reform des Verfahrens in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das bisher geltende Verfahrensgesetz (FGG) für diese Verfahren (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz wird durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt.
Das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird neu strukturiert und effizienter gestaltet. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht wird ersetzt durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.
Das Gesetz soll am 1.9.2009 in Kraft treten.
Vgl. Pressemitteilung BMJ v. 27.6.2008