Von der Beantwortung dieser Frage ist abhängig, welche prozessualen Möglichkeiten bestehen:
- für den Unterhaltspflichtigen, der gegen eine weitere Vollstreckung vorgehen will und
- für den Unterhaltsberechtigten, der weiterhin Unterhalt erlangen und ggf. auch noch eine Erhöhung durchsetzen will.
Hierzu hat das OLG Hamm folgende Entscheidung getroffen:
- “Der Unterhaltsschuldner kann sich zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einem unbefristeten Unterhaltstitel über bezifferte Beträge auf die eingetretene Volljährigkeit des Unterhaltsgläubigers berufen. Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 798a ZPO, die nur für einen nach § 1612a BGB auf die betragsunabhängige Leistung des Regelunterhalts gefassten Anspruch gilt, kommt nicht in Betracht.
- Das volljährig gewordene Kind muss sich für die Leistungen nach Eintritt der Volljährigkeit einen neuen Titel verschaffen.“
Dazu ein vergleichender Blick auf den Ehegattenunterhalt:
Beim Ehegattenunterhalt wird materiell-rechtlich und auch prozessual streng zwischen dem Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB und dem Geschiedenenunterhalt nach Rechtskraft der Scheidung (Scheidungsunterhalt) nach §§ 1569 ff. BGB unterschieden. Trennungsunterhalt kann nur beansprucht werden für den Zeitraum von der Trennung der Parteien bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils. Geschiedenenunterhalt (Scheidungsunterhalt) ist dagegen ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen, wenn die besonderen Anspruchsvoraussetzungen der §§ 1570 ff. BGB gegeben sind.
Beide Ansprüche sind rechtlich nicht identisch. Diese sog. Nichtidentität hat weitreichende praktische Auswirkungen:
Beim Kindesunterhalt besteht jedoch eine vergleichbare klare Zäsur zum Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit nicht. Der Unterhaltsanspruch im Verwandtenunterhalt ist zeitlich nicht begrenzt und im Hinblick auf das Verzichtsverbot des § 1614 Abs. 1 BGB auch nicht begrenzbar. Folglich beginnt der Unterhaltsanspruch des Kindes mit der Geburt und besteht dem Grunde nach lebenslang. Er erlischt nicht automatisch bei Volljährigkeit oder wandelt sich in einen Anspruch mit einer anderen rechtlichen Grundlage um. Die Anspruchsgrundlage bleibt über den Zeitpunkt der Volljährigkeit hinaus identisch.
Er endet erst mit einer abgeschlossenen Ausbildung oder wenn das Kind auf andere Weise eine eigenständige Lebensstellung erlangt hat. Der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes ist also mit dem des volljährigen Kindes identisch. Der zur Zeit der Minderjährigkeit des Kindes erlangte Titel gilt somit auch nach Eintritt der Volljährigkeit fort. Dies soll sogar bei Heirat des Kindes gelten.
Die Ansicht des OLG Hamm ist daher nicht zutreffend, der Unterhaltsschuldner könne der Vollstreckung aus dem Titel den Eintritt der Volljährigkeit entgegenhalten und das volljährige Kind müsse in diesem Fall für den Unterhalt ab Volljährigkeit einen neuen Titel schaffen.
Anders ist dies lediglich dann, wenn der Titel ausdrücklich auf die Zeit bis zur Volljährigkeit des Kindes befristet worden ist, wie dies bei Urkunden des Jugendamtes vielfach der Fall ist.
Dementsprechend kann das minderjährige Kind nicht nur einen Unterhaltstitel verlangen, der bis zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit befristetet ist. Vielmehr folgt aus dieser Identität auch der Anspruch des minderjährigen Kindes, einen unbefristeten Titel zu erhalten, der auch über den Eintritt seiner Volljährigkeit hinausgeht.