Ohne eine solche Pflichtverletzung ist die Rückforderung überzahlten Unterhaltes regelmäßig nicht möglich, weil dem Anspruch aus § 812 BGB der Wegfall der Bereicherung entgegengehalten werden kann. Dieser Einwand des Wegfalls der Bereicherung ist nur dann mit Sicherheit versperrt, wenn sich der Berechtigte in der sog. verschärften Haftung befindet (§§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB). Die verschärfte Haftung erfordert die Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrunds der Unterhaltsleistung, und der sich daraus ergebenden Folgen. Erforderlich ist positives Wissen, die bloße Kenntnis von Umständen, aus denen das Fehlen des Rechtsgrundes sich ergibt, reicht nicht.
Diese positive Kenntnis wird nicht schon durch ein Abänderungsverfahren gem. § 323 ZPO ausgelöst bzw. weil die Unterhaltszahlungen nur auf Grund einer einstweiligen Anordnung erfolgen. Ebenso wenig reicht ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus, um die verschärfte Haftung auszulösen. Es kommt auf die Rechtshängigkeit der Rückzahlungsklage an, die auf den Bereicherungsanspruch gestützt wird.
Dabei besteht noch zusätzlich eine Beweiserleichterung zugunsten des Berechtigten, wenn aus der Überzahlung keine besonderen Rücklagen oder Vermögensvorteile angeschafft wurden. Gerade bei unteren und mittleren Einkommen spricht die Lebenserfahrung dafür, dass das Erhaltene für eine Verbesserung des Lebensstandards ausgegeben wurde, ohne dass der Bereicherte einen besonderen Verwendungsnachweis erbringen muss. Nur wenn der Unterhaltsgläubiger mit den Überzahlungen zwar seinen Lebensunterhalt finanziert hat, hierdurch aber gleichzeitig die Möglichkeit hatte, mit anderen Ersparnissen Vermögen zu bilden, z.B. ein Fahrzeug anzuschaffen oder Schulden zu tilgen, dann ist er nicht entreichert. Voraussetzung ist jedoch, dass der überzahlte Unterhalt kausal für den anderen Vermögensvorteil war.
Praxishinweis:
- Erforderlich ist die Rechtshängigkeit der Bereicherungsklage (Rückzahlungsklage). Die Abänderungsklage muss daher ggf. sofort mit einer Rückforderungsklage verbunden werden, um die verschärfte Haftung nach § 818 Abs.4 BGB herbeizuführen.
- Diese Klage kann zur Vermeidung eines Kostenrisikos hilfsweise für den Fall erhoben werden, dass das Abänderungsbegehren Erfolg hat.
- Werden hier Fehler gemacht, besteht ein hohes Haftungsrisiko für den Anwalt.