Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien in einem Vergleich über den nachehelichen Unterhalt im Hinblick auf die durch den Zugewinnausgleich eintretende Vermögensverschiebung und daraus zu erwartende Zinseinkünfte eine von der üblichen Unterhaltsquote abweichende Quote, so ist diese auch im Falle einer späteren Abänderung des Titels maßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn sich im nachhinein die Grundlage für die (fiktiven) Zinseinkünfte nicht mehr feststellen lässt.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 29.07.2003; Aktenzeichen 139 F 7756/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 297.2003 verkündete Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg - (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urt. v. 29.7.2003 - 139 F 7756/02) unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert:
Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen, soweit diese die Be-
reicherungsklage betrifft.
Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 56 % und der Beklagte 44 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Berufung ist teilweise unzulässig.
1. Es fehlt hinsichtlich eines Teilbetrages an einer ausreichenden Berufungsbegründung gem. § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO. Die Klägerin hat erstinstanzlich mit ihrer Klage die Abänderung des vor dem G Charlottenburg am 1310.1989 geschlossenen Unterhaltsvergleichs dahin begehrt, dass für die Zeit 1. bis 306.2002 monatlich weitere 41,35 Euro bzw. insgesamt 297 Euro an nachehelichem Unterhalt gezahlt werden sollten. Zur Begründung hat sie sich auf ihr Rechenwerk im Schriftsatz 17.2.2003 (dort S. 3) bezogen.
Nunmehr verlangt sie in der Berufung die Zahlung von monatlich 306,90 Euro. Die Klageerweiterung von monatlich 9,90 Euro wird nicht begründet und ist auch ansonsten nicht nachvollziehbar.
2. Die Berufungsbegründung geht auch nicht auf die Begründung des ein, soweit es die Abänderungsklage betreffend den Monat Juni 2002 abgewiesen hat. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, die Klägerin habe zu den Einkommensverhältnissen in diesem Monat nichts vorgetragen. Zwar mag entgegen der Ansicht des AG einiges dafür sprechen, dass die Einkommensverhältnisse des Beklagten im Juni 2002 denen der Vormonate entsprechen, jedoch ändert dies nichts daran, dass die Berufungsbegründung darauf nicht eingeht. Im Ergebnis fehlt es somit auch hinsichtlich dieses Teilbetrages an einer Berufungsbegründung, die den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO genügt.
II. Die im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlich Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. zur Klage
a) Unterhaltszeitraum Februar bis Mai 2002
Wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz 27.11.2003 im Zusammenhang mit der Abänderungswiderklage des Beklagten selbst zutreffend ausführt, gehört es zur Schlüssigkeit der Abänderungsklage, dass die dem abzuändernden Vergleich zugrunde liegenden tatsächlichen Grundlagen vorzutragen sind. Dies gilt aber im gleichen Maße für die eigene Abänderungsklage der Klägerin. Insoweit ist aber bereits ihre Berufungsbegründung in sich widersprüchlich. Zum einen rügt die Klägerin, das AG habe nicht ausreichend die Vergleichsgrundlage "ermittelt" und lediglich schematisch die seinerzeit unter Berücksichtigung der damaligen Einkommensverhältnisse zugrunde gelegte Unterhaltsquote auf die jetzigen Einkommensverhältnisse übertragen. Dabei habe das AG übersehen, dass die Berechnung des im Wege des Vergleichs vereinbarten nachehelichen Unterhalts durchaus nachvollziehbar sei. Zum anderen meint die Klägerin dann aber, es sei eine Neuberechnung des Unterhaltsanspruchs vorzunehmen, weil die Parteien seinerzeit im Hinblick auf die Vermögensumschichtung auf Grund des Zugewinnausgleichs keine genaue Berechnung vorgenommen hätten, sondern der Unterhaltsbetrag lediglich im Billigkeitswege reduziert worden sei. Tatsächlich sind die Strukturen des gerichtlichen Unterhaltsvergleichs 13.10.1989 fortzuschreiben. In erster Linie ist der im Vergleich festgelegte Wille der Parteien maßgeblich, der bei Bedarf durch Auslegung zu ermitteln ist. Bei der Regelung des nachehelichen Unterhalts durch Prozessvergleich ist eine grundsätzliche Bindung an die damaligen Berechnungsgrundlagen anzunehmen. Die frühere Vereinbarung hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Kap. 23, Rz. 312). Das gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der dem Prozessvergleich zugrunde liegenden Unterhaltsquote. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin für ihre gegenteilige Ansicht auf die Entscheidung des BGH 20.5.1987 (BGH v. 20.5.1987 - IVb ZR 50/86, FamRZ 1987, 1011 [1012]). Der BGH hat dort entschieden, dass davon ausgegangen werden kann, "dass der Parteiwille sich im Falle einer gem. § 242 BGB notwendig werdenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse darauf erstreckt, die von der Rechtsprechung inzwischen fortentwickelten Hilfsmittel zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegri...