Bereits durch den Gesetzgeber wurde die Bedeutung der Lebensstandardgarantie im Laufe der Jahre verringert (siehe unter A. II.). In seiner Entscheidung vom 12.4.2006 hat der BGH die Lebensstandardgarantie (beschränkt auf den Aufstockungsunterhalt) abgeschafft; durch die Neufassung des § 1578b BGB im Rahmen der Gesetzesreform zum 1.1.2008 wurde dies auf alle Unterhaltstatbestände ausgedehnt (siehe unter A. II. 4., B. III. 3.).
a) Aufstockungsunterhalt
Eine Beibehaltung des Lebensstandards kommt nach aktueller Rechtslage nur bei fortbestehenden ehebedingten Nachteilen in Betracht. Gleichwohl bleibt die Lebensstandardgarantie in einem Restbestand erhalten, weil der Ansatz von § 1578b BGB im Ergebnis als "verunglückt" bezeichnet werden muss. Wäre der unbegrenzte Anspruch die Regel, dann wäre § 1578b BGB nicht als prozessuale Einwendung ausgestaltet worden, was aber der Fall ist. Das Gericht prüft nicht, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen; es prüft vielmehr, ob eine unbegrenzte und dauerhafte Unterhaltspflicht unbillig wäre. Damit wird im Ergebnis – entgegen § 1569 BGB und den Zielsetzungen des Reformgesetzgebers (siehe unter A. II. 4.) – auch weiterhin eine dauerhafte Unterhaltspflicht als Regelfall zugrunde gelegt.
b) Stichtagsprinzip
Die Auswirkungen des "Hin und Her" beim Stichtagsprinzip wurden bereits dargestellt (siehe unter B. III. 1.). Im Ergebnis kommt es – wie bisher – auf den bei Ende der Ehe erreichten sozialen Status an. Aufgrund der zahlreichen Ausnahmen, die wegen "Angelegtseins" die Berücksichtigung auch späterer Veränderungen im Rahmen der Bedarfsprägung erlauben, muss von einem "weichen" Stichtagsprinzip gesprochen werden, welches die Ausnahme zur Regel macht.
c) § 1578b BGB
Die Vorschrift setzt – wie dargestellt – einen zeitlich unbeschränkten Unterhaltsanspruch voraus, dessen Höhe sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet; gegen eine Begrenzung sprechende Umstände werden – negativ – nach den Kriterien des ehebedingten Nachteils und der Ehedauer geprüft. Der "Herabsetzung" auf den angemessenen Lebensbedarf liegt erkennbar die gesetzgeberische Vorstel lung zugrunde, dass es sich dabei um einen geringeren Standard als den der ehelichen Lebensverhältnisse handelt.
d) Kompensation der Versorgungsnachteile
Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH kann ein Versorgungsnachteil des Berechtigten nicht als "ehebedingter Nachteil" im Sinne von § 1578b Abs. 1 BGB angesehen werden, weil der Ausgleich dieses Nachteils in erster Linie Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist. Allerdings werden davon Ausnahmen gemacht in Fällen, in denen der Versorgungsausgleich nicht für die gesamte Ehezeit durchgeführt worden ist, also z.B. bei Scheidung einer Rentnerehe, weil ein Rentner keine zusätzlichen Entgeltpunkte erwirbt; Gleiches gilt bei Scheidung eines Millionärs, der keine Altersvorsorge betreibt, sondern von seinen Einkünften aus Kapitalvermögen lebt. In solchen Fällen wird der Begriff des ehebedingten Nachteils auf den Ausgleich des Versorgungsnachteils ausgedehnt, indem das Gericht im Rahmen von § 1578b BGB prüft, ob beispielsweise durch Zahlung von Altersunterhalt (§ 1578 Abs. 3 BGB) oder durch sonstige Zuwendungen eine Kompensation eingetreten ist. Im Ergebnis liegt dieser Rechtsprechung ein Teilhabe- und Versorgungsdenken zugrunde; es wird ein – während der Ehe nicht erreichter – Versorgungsstandard "künstlich" hergestellt unter Ignorieren des Umstandes, dass der Ehefrau das Fehlen weiterer Versorgungsanrechte des Rentners bekannt war bzw. der Millionär kein Interesse an Altersvorsorge hatte.