In seiner Entscheidung greift das BVerfG auf eine gefestigte Rechtsprechung zu den §§ 1666, 1666a BGB zurück, wobei drei Themenschwerpunkte besonders hervorzuheben sind.
1. Das BVerfG betont erneut, dass der aus Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG folgende Anspruch des Kindes auf staatlichen Schutz, sich nicht nur gegen die leiblichen Eltern, sondern auch gegen die Pflegeeltern richtet, in deren Haushalt das Kind lebt und dass es bei der familiengerichtlichen Umsetzung der aus diesem staatlichen Wächteramt folgenden Verpflichtungen der jeweiligen Prüfung bedarf, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Diese ist zu bejahen bei einer gegenwärtigen in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr, dass entweder bereits eine erhebliche Gefährdung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes eingetreten ist oder bei weiterer Entwicklung der Dinge eine solche Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die Annahme dieser Wahrscheinlichkeit muss auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen.
In seiner bisherigen Rechtsprechung hat das BVerfG bereits hervorgehoben, dass die Gerichte bei der Annahme einer konkreten Gefahr, den drohenden Schaden benennen und bewerten müssen, einhergehend mit der Begründung, warum ein sofortiges Einschreiten notwendig ist. Diese Begründungspflicht stellt das BVerfG auch in seiner aktuellen Entscheidung in den Vordergrund und verpflichtet die Fachgerichte, sich nicht nur mit den für die Gefahr sprechenden Anhaltspunkten auseinanderzusetzen, sondern auch nachvollziehbar zu begründen, warum ggf. im jeweiligen Einzelfall gerade nicht von einer solchen Gefahr auszugehen sein soll.
Besondere Bedeutung kommt in diesem Kontext den Bewertungen des im Verfahren bestellten Sachverständigen oder den Stellungnahmen der weiteren beteiligten Fachkräfte zu, etwa der des Verfahrensbeistands oder jener des Jugendamtes. Eine von diesen Bewertungen und Stellungnahmen abweichende gerichtliche Entscheidung bedarf nicht nur der näheren Begründung, sondern auch einer offenzulegenden verlässlichen Grundlage. Diese durch das BVerfG betonte Begründungspflicht ist letztlich nicht nur Ausdruck des Art. 103 Abs. 1 GG, sondern dient auch der Selbstkontrolle des Gerichts. Die besondere Rolle der Jugendämter gerade in Verfahren gem. §§ 1666, 1666a BGB bringt der Gesetzgeber in § 162 Abs. 2 FamFG bereits dadurch zum Ausdruck, dass die Jugendämter "Muss-Beteiligte" sind und sie zudem den Gerichten bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts als Fachbehörde eine eigenverantwortliche Unterstützung geben. Diese für die gerichtliche Entscheidung häufig unverzichtbare Unterstützung beruht regelmäßig auf längerfristig bestehenden persönlichen Kontakten des Jugendamts zu der jeweiligen Familie und dabei gewonnenen spezifischen Informationen. Dies gilt in gleichem Maße für die Verfahrensbeistände auf der Grundlage ihres persönlichen Kontakts zu dem Kind, seinen Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes. Die nach dem zu begrüßenden gesetzgeberischen Willen mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.6.2021 nun in noch höherem Maße zu fordernde fachliche Eignung der Verfahrensbeistände (§ 158a FamFG-E) lässt definitiv keinen Raum mehr, um ohne tiefergehende Begründung von der fachlich fundierten Stellungnahme eines dieser Verfahrensbeteiligten abzuweichen.
2. In dem der Entscheidung des BVerfG zugrunde liegenden Sachverhalt lebte das Kind praktisch bereits seit seiner Geburt im Haushalt der Pflegeeltern, die sich seit 2012 für eine Adoption beworben hatten. Bei einer im Jahr 2013 erfolgten Durchsuchung wurden auf dem Rechner des Pflegevaters kinderpornographische Bilder und Videos sichergestellt, so dass er im Jahr 2017 u.a. wegen Verbreitung entsprechender Schriften in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Weder das Jugendamt erhielt Informationen über die erfolgte Hausdurchsuchung bzw. deren Ergebnis, noch wurden die Strafgerichte bzw. der Bewährungshelfer über die beabsichtigte Adoption und den Aufenthalt des Kindes im Haushalt der Pflegeeltern informiert. Erst im September 2048 erhielt das Jugendamt Kenntnis von dem strafgerichtlichen Verfahren.
In Verfahren zu Kindeswohlgefährdungen hat es in jüngerer Vergangenheit immer wieder vergleichbare Konstellationen gegeben, die aufzeigten, dass im Fall einer besseren Vernetzung und Zusammenarbeit von Behörden und Berufsgruppen, frühzeitiger Gefährdungssituationen hätten festgestellt werden können, d.h. trotz bestehender einschlägiger Verurteilungen enger Kontaktpersonen der Kinder, vor allem die Jugendämter oft weder über die strafrechtliche Situation noch den Aufenthalt der Straftäter im häuslichen Umfeld der Kinder informiert waren.
Nach § 17 Nr. 5 EGGVG in seiner derzeitigen Fassung, erfolgt zwar grundsätzlich ein Informationsaustausch zwischen den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Jugendämtern. Die Übermittl...