Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §§ 1666, 1666a BGB im einstweiligen Anordnungsverfahren
Normenkette
BGB §§ 1666, 1666a; FamFG § 49; SGB 8 § 42
Verfahrensgang
AG Kiel (Beschluss vom 20.01.2014) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kindeseltern wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Kiel vom 20.1.2014 aufgehoben.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für den ersten Rechtszug und das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtlichen Kosten für den ersten Rechtszug und das Beschwerdeverfahren werden zwischen den Beteiligten nicht erstattet.
Gründe
I. Die Kindeseltern wenden sich mit ihrer Beschwerde jeweils gegen den Entzug ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts im einstweiligen Anordnungsverfahren für das gemeinsame Kind A., geb. am 16.10.2005.
Der am 30.9.1961 geborene Kindesvater und die am 1.4.1973 geborene Kindesmutter führen eine langjährige Beziehung. Ihnen steht die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind A. gemeinsam zu.
Der Kindesvater arbeitet vormittags stundenweise als Gebäudereiniger. Die Kindesmutter ist derzeit arbeitssuchend. Es wird vom Arbeitsamt derzeit überprüft, ob und wenn ja, in welchem Umfang sie noch arbeitsfähig ist. Die Familie erhält ergänzende Leistungen nach dem SGB II. Sie lebt in einer 3-Zimmer-Wohnung in Kiel - Wellsee.
Sowohl die Kindesmutter wie auch der Kindesvater haben in der Vergangenheit Drogen- und Alkoholmissbrauch betrieben. Die Kindesmutter wird derzeit in der Praxis L. substituiert. Die Kindesmutter hatte ihre letzte Entgiftung im Zeitraum 21.1.2014 bis zum 6.2.2014.
Das Kind A. besucht derzeit die Grundschule in K.. Die Kindeseltern haben noch einen zweiten Sohn namens S., geb. am 11.9.2009, der nach der Geburt zunächst bei der Großmutter mütterlicherseits und seit Mai 2010 bei der Schwester der Mutter im Rahmen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII betreut wird.
Zur Vorgeschichte ist weiter Folgendes auszuführen:
Am 8.10.2010 gab es bei den Kindeseltern einen polizeilichen Einsatz aufgrund einer Meldung aus der Nachbarschaft. Eine Nachbarin meldete sich bei der Polizei und berichtete, dass die Kindesmutter mit A. draußen gewesen sei und einen so betrunkenen Eindruck mache, dass sie das Kind nicht altersangemessen betreuen könne. Die Eltern konnten von der Polizei anschließend zu Hause angetroffen werden. Durchgeführte Atemalkoholkontrollen ergaben bei der Kindesmutter einen Wert von 0,75 Promille; bei dem Kindesvater einen Wert von über 1 Promille. Im September/Oktober 2010 wurden aufgrund der eingehenden Meldungen dann vermehrt Gespräche mit den Kindeseltern von Seiten des Jugendamtes geführt. Die Kindesmutter wirkte bei den Gesprächen, die meist nachmittags stattfanden, auffallend müde, unkoordiniert in ihren Bewegungsabläufen. Auch von Seiten der Kindertagesstätte wurde auf einen stark verschlechterten Zustand des Kindes hingewiesen. So erschien das Kind zum damaligen Zeitpunkt stark verängstigt und auffällig. Weiterhin wirkte es verwahrlost.
Am 26.11.2010 wurde das Kind vom Jugendamt in Obhut genommen. Es erging ein Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren, nach dem den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wurde. Am 29.2.2011 wurde das Kind in die Familie zurückgeführt. Der Familie wurde zur Unterstützung Hilfe zur Erziehung in Form einer intensiven sozialpädagogischen Familienhilfe bewilligt. Die Kindesmutter wurde daraufhin im Laufe eines halben Jahres mehrfach rückfällig bezüglich des Alkoholmissbrauchs. Ein Entgiftungsversuch führte nur kurz zum Erfolg.
Im September 2011 lebte das Kind A. zwei Tage bei seiner Tante und danach bei einer befreundeten Familie, da der Kindesvater ins Krankenhaus musste und die Kindesmutter eine erneute Entgiftung und Therapie machte. Am 1.3.2012 kehrte A. in den elterlichen Haushalt zurück. Bis Mitte September 2012 wurde die Familie für zwei Stunden in der Woche von einer sozialpädagogischen Familienhilfe betreut. Im Rahmen dieser Hilfe stabilisierte sich die Situation zunächst, so dass die Familienhilfe beendet werden konnte.
Am 17.10.2013 kam es erneut zu einer Gefährdungsmeldung, in welcher von einem starken Alkoholkonsum beider Eltern, der Verwahrlosung von A. und häuslicher Gewalt berichtet wurde. Ende August 2013 gab es dann einen Polizeieinsatz in K., bei dem die Kindesmutter betrunken und bewusstlos auf der Straße aufgefunden und in die Ausnüchterungszelle gebracht wurde. Bei dem am gleichen Tage vorgenommenen Hausbesuch fanden die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes der ... Stadt K. eine verwahrloste Wohnsituation vor.
Am 12.11.2013 kam es zu massiven Streitigkeiten zwischen den Kindeseltern, so dass das Kind Hilfe wollte. Am 29.11.2013 gab es eine Meldung der Grundschule in W., dass das Kind A. einen verwahrlosten Eindruck mache. Es käme bezogen auf das Wetter mit unangemessener und Kleidung und rieche extrem stark.
Zur Ergänzung nimmt der Senat auf den ausführlichen Jugendamtsbericht vom 2.1.2014 Bezug.
Aufgrund einer Gefährdungsmeldung...