Der zweite essentielle Gesichtspunkt in dem vorzustellenden System der rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung ist die Forderung nach einer umfassenden Absicherung des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung und des eigenen Nachwuchses.[15] Die Ansätze zu der (auch hier im Folgenden geplanten) Aufwertung der Verantwortungsübernahme als Zuordnungskriterium fordern wegen der besonderen Bedeutung der genetisch/biologischen Verbindung für die Identitätsfindung, dass diese genetisch-biologische Verbindung feststellbar bleibt. Auch bei einer "nur" willentlichen Verantwortungsübernahme sollte die genetische/biologische Verbindung zwischen Eltern und Kindern – wenngleich auf anderer Ebene – ebenfalls eine konsequente Berücksichtigung im Recht finden. Der einfachste Weg wäre, dass die für die Identitätsfindung so wichtigen Daten – so weit wie möglich – gespeichert werden und für die Betroffenen zugänglich sind.

Dieser Grundsatz sollte für möglichst alle Konstellationen gelten, in denen rechtliche Zuordnung und genetisch/biologische Verbindung nicht kongruent sind. Bei Eizellen- und Embryospende sowie bei den sog. "offiziellen Samenspende" dürfte diese Forderung über eine allgemeine Registrierungsstelle leicht zu erfüllen sein (wenn auch bisher das Samenspenderregistergesetz diesen Funktionen noch nicht in ausreichendem Maße gerecht wird).

Bei einer privaten Samenspende (welcher Art der Zeugungshilfe auch immer) mag dies zunächst Schwierigkeiten – vor allem in der Durchsetzung – bereiten. Aber wenn man Verantwortungsübernahme- und Verantwortungsverzichts-Erklärungen – wie hier sogleich empfohlen wird – zulässt, dann kann in diesem Zusammenhang die zuverlässige Angabe entsprechender Daten zur Voraussetzung der Wirksamkeit dieser Erklärungen gemacht werden. Dass es dennoch immer wieder Fälle geben mag, in denen die genetische Verbindung nicht geklärt werden kann, ist zu bedauern, muss aber leider in Kauf genommen werden. Gegenüber dem geltenden Recht wäre dieser Ansatz aber schon eine entscheidende Verbesserung. Wie nach geltendem Recht wäre diese Klärung der genetisch/biologischen Verbindung auch dann möglich, wenn keine reproduktionsmedizinischen Maßnahmen stattgefunden haben.

Die Überlegungen zur Durchsetzung des Rechts auf Kenntnis der eigenen Herkunft und des eigenen Nachwuchses sollten aber nicht bei einer Erweiterung der Speicherdaten stehen bleiben. Vielmehr sollte der bereits in § 1598a des geltenden Rechts vorgesehene Auskunftsanspruch in personeller Hinsicht ausgeweitet und zusätzlich mit der Option einer gerichtlichen Feststellung der genetisch/biologischen Herkunft verbunden werden.[16] Zu klären bleibt darüber hinaus das schon nach geltendem Recht problematische Verhältnis der statusunabhängigen Abstammungsklärung zu den Möglichkeiten einer Anfechtung der rechtlichen Elternschaft.

[15] So z.B. auch Schumann, Familienrechtliche Fragen der Fortpflanzungsmedizin im Lichte des Grundgesetzes, in: Rosenau (Hrsg.), Zeitgemäßes Fortpflanzungsmedizingesetz für Deutschland, 2012, S. 155, 171, 187; Meyer, Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung als Element der Persönlichkeitsentwicklung, 2005, S. 175 ff.; Reuß, S. 470 ff.; krit. Frank, FamRZ 1988, 1013, 1020; von Sethe, Die Durchsetzbarkeit des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus der Sicht des Kindes, 1995, S. 46; zur Diskussion insgesamt: von Scheliha, Familiäre Autonomie und autonome Familie, 2019, S. 404 m.w.N.; aus der Rspr. zuletzt: BGH FamRZ 2022, 633 m. Anm. Keuter; NJW 2022, 1088 u. m. Anm. Löhnig S. 1061.
[16] So auch Arbeitskreis Abstammungsrecht, Thesen 75 ff.

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