1. In der Regel ist davon auszugehen, dass Zuwendungen (auch) größerer Vermögenswerte unter (künftigen) Ehegatten keine "eheneutralen" Rechtsgeschäfte wie etwa Schenkungen oder Darlehen, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft dienende, ehebedingte Zuwendungen sind. Dies gilt, wenn die Beteiligten erkennbar die Vorstellung haben, dass der überlassene Betrag als Investition für die Einräumung des Nutzungsrechts an einer Immobilie verwendet werden soll.

2. Bei Zuwendungen unter (künftigen) Ehegatten muss als Voraussetzung einer Zweckverfehlungskondiktion wegen Scheiterns der Ehe feststellbar sein, dass eine konkrete Zweckabrede getroffen wurde und der Fortbestand der Ehe gerade Gegenstand der Zweckabrede und nicht bloße Grundlage der Zuwendung war. Ist hingegen der verfolgte Zweck der Zuwendung – Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit einer Immobilie – erreicht worden und nur die Erwartung der dauerhaften Mitnutzungsmöglichkeit durch den zuwendenden Ehegatten wegen Scheiterns der Ehe enttäuscht worden, ist keine Zweckverfehlungskondiktion gegeben, sondern hat eine Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu erfolgen.

3. Ein Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB auf Rückgewähr der vorehelichen Zuwendung ist nur in Höhe der Hälfte der Zuwendung gerechtfertigt, weil die (voreheliche) Vermögensverschiebung vom Zugewinnausgleich nicht erfasst wird und das Ergebnis der Vermögensverschiebung nur insoweit unzumutbar im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB ist, als dem begünstigen Ehegatten der volle Wert der Zuwendung bleibt, während der Zuwendende hieran überhaupt nicht mehr partizipieren kann. Ein solches Ergebnis ergäbe sich fiktiv auch zugewinnausgleichsrechtlich und entspricht der gleichberechtigten Teilhabe am Nutzungsrecht der Immobilie im Fall des Fortbestandes der Ehe.

(red. LS)

AG Hamburg, Beschl. v. 10.11.2022 – 277 F 262/20

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