Ungeachtet der unmissverständlichen Vorgabe in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, war die geschlechterbezogene Gleichberechtigung in einer nicht geringen Zahl Gegenstand verfassungsgerichtlicher Entscheidungen. Das mag angesichts der tatsächlichen familiär-gesellschaftlichen Verhältnisse bei Inkrafttreten des Grundgesetzes und in den ersten Jahrzehnten seiner Geltung nicht überraschen. Ein kleiner Teil der die Gleichberechtigung betreffenden Fragen soll nachfolgend knapp beleuchtet werden, wobei angesichts des Generalthemas Familienverfassungsrecht eine Konzentration auf die Gleichberechtigung in Ehe und Familie erfolgt.
1. Gleichberechtigung in der Familie
Das Bundesverfassungsgericht sah sich bereits in seiner frühen Rechtsprechung aus dem Jahr 1953 zu der Klarstellung veranlasst, dass Männer und Frauen auch in Ehe und Familie gleichberechtigt seien. Zwar seien im Bereich des Familienrechts dem Gesetzgeber "im Hinblick auf die objektiven biologischen oder funktionalen (arbeitsteiligen) Unterschiede" nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses spezifische rechtliche Regelungen erlaubt oder sogar notwendig. Zur Erläuterung dieser gestatteten oder gebotenen Differenzierung wurde – insoweit überzeugend – auf Bestimmungen zum Schutze der Frau als Mutter verwiesen, aber auch auf Unterschiede nach der Art der Leistung für die Familiengemeinschaft Bezug genommen. Letzteres ist zwar geschlechtsneutral formuliert, dürfte aber angesichts der gesellschaftlichen und sozio-ökonomischen Verhältnisse der frühen 50er Jahre auf die Einverdienerehe mit der typischerweise Erwerbstätigkeit des Ehemannes und der Hausfrauentätigkeit der Ehefrau gemünzt sein. Verfassungsrechtlich resümiert das Gericht dann im Hinblick auf das systematische Verhältnis von Art. 3 Abs. 2 zu Art. 6 Abs. 1 GG es sei "nicht die Gefährdung der einen Bestimmung durch die andere zu befürchten", sondern es sei vielmehr anzunehmen, dass sie in Übereinstimmung mit der Vorstellung des Verfassungsgebers "dazu dienen werden, einander zu erfüllen."
2. Gleichberechtigung in der Elternrolle
Die systematisch harmonische Verknüpfung der Geschlechtergleichberechtigung beschränkt sich allerdings nicht auf Art. 3 Abs. 2 GG im Verhältnis zu Art. 6 Abs. 1 GG im Bereich Ehe und Familie, sondern erfasst auch das Elterngrundrecht des Art. 6 Abs. 2 GG und die es prägende Elternverantwortung, wie das Gericht in einer ebenfalls aus den 50er Jahren stammenden Entscheidung ausgeführt hat. So hat es aus der zwischen den Eltern bestehenden engen Gemeinschaft und ihrer gemeinsamen Verantwortung gegenüber dem Kind die Gleichstellung von Vater und Mutter auch im Verhältnis zu den Kindern abgeleitet. Da diese Verantwortung unteilbar sei, treffe sie Eltern in gleicher Weise. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung von Männern und Frauen von Bedeutung hat das Gericht eine wechselseitige Verpflichtung der Eltern angenommen, bei der Ausübung der Elternverantwortung füreinander einzutreten und einander zu ergänzen. In heute etwas antiquiert wirkender Sprache heißt es weiter, Vater und Mutter seien in Gleichordnung zu sittlicher Gemeinschaft verbunden. Dass die gleiche Berechtigung und Verpflichtung von Müttern und Vätern bei der Kindererziehung dem Erziehungsalltag der späten 50er Jahre des letzten Jahrhunderts entsprochen hat, dürfte jedoch nicht gesichert sein.
3. Die Konsensualehe als strukturprägendes Merkmal der Ehe i.S.v. Art. 6 Abs. 1 GG
Die Gewährleistung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) auch in Ehe und Familie hat das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht lediglich in den frühen Jahren der Geltung des Grundgesetzes, sondern bis in die jüngste Zeit hinein beschäftigt. Das belegt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unmittelbar durch Gesetz angeordneten inländischen Nichtigkeit von nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen mit Beteiligung (wenigstens) einer Person, die bei Heirat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (nachfolgend: Kinderehen-Beschluss). Dem Beschluss liegt die in ständiger Rechtsprechung geteilte Vorstellung zugrunde, dass das Institut der Ehe der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber bedarf. Das Gericht hat sodann im Anschluss an seine vorherige Rechtsprechung die ...