Der BGH bestätigt im Ergebnis die Entscheidung des OLG Celle, ohne jedoch die Gelegenheit zu nutzen, die dem Fall zugrundeliegenden komplexen Rechtsfragen einer grundsätzlichen Klärung zuzuführen.
Wechselwirkungen im Familienrecht
Während des Zusammenlebens "verflechten" sich die Vermögensverhältnisse der Ehegatten dadurch, dass die jedenfalls gefühlt "aus einem Topf" wirtschaftende Familie wirtschaftlich relevante Entscheidungen eher situativ und praktisch trifft. So werden Darlehensraten von demjenigen gezahlt, dessen Konto dies gerade hergibt, die rechtliche Zuordnung von Vermögenswerten wird mitunter durch Haftungsfragen bestimmt. Nach der Trennung müssen diese Verhältnisse entflochten und in sinnvolle Strukturen überführt werden. Das Recht bietet hierzu neben den übergreifenden Ausgleichsansprüchen des Unterhalts- und des Zugewinnausgleichsrechts eine Vielzahl von Einzelansprüchen an, die von einer Zuweisung der Ehewohnung über die Auseinandersetzung von gemeinsamen Gegenständen bis hin zum hier in Rede stehenden Gesamtschuldnerausgleich reichen. Zwischen diesen Ansprüchen bestehen vielfältige wechselseitige Abhängigkeiten. So wird eine Unterhaltsberechnung hinfällig, die ein unentgeltliches Wohnen in der Ehewohnung voraussetzt, sobald eine Nutzungsentschädigung gezahlt wird.
Hierbei gibt es keinen grundsätzlichen Vorrang des einen oder des anderen Ausgleichssystems. Betreffen also Ansprüche die Grundlagen der Regelungen bzgl. anderer Anspruchsgrundlagen, so müssen diese angepasst werden. Dies ist für die Zukunft zumeist rechtlich problemlos möglich, nicht jedoch für die Vergangenheit. So kann der Gesamtschuldnerausgleich rückwirkend bis zum Verjährungseintritt geltend gemacht werden, während die Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung (gleichgültig, ob nach § 745 BGB oder § 1361b BGB) erst ab dem Zeitpunkt eines deutlichen Zahlungsverlangens aktiv verfolgt werden kann. Die rückwirkende Geltendmachung von Unterhalt steht sogar unter den engen Voraussetzungen von §§ 1614, 1361 Abs. 4, 1360a Abs. 3, 1585b BGB.
Der vorliegende Fall zeigt erneut, dass insbesondere die rückwirkende Geltendmachung des Gesamtschuldnerausgleichs für Komplikationen sorgt.
Gesamtschuldnerausgleich und Unterhalt im Besonderen
Ansatzpunkt des Gesamtschuldnerausgleichs ist § 426 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach von einer hälftigen Anteilshaftung im Innenverhältnis auszugehen ist, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist. Eine solche Bestimmung kann nun ausdrücklich und konkludent, insbesondere auch durch tatsächliche Übung getroffen werden, wobei Sinn und Zweck des zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsgeschäfts zu beachten sind. Hieraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, eine abweichende Bestimmung zu begründen, die insbesondere bei Gesamtschulden von Ehegatten zu einer umfangreichen ausdifferenzierten Kasuistik geführt haben.
Im Zusammenspiel mit Unterhaltsansprüchen ist seit der auch in der besprochenen Entscheidung zitierten Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 2007 anerkannt, dass die Berücksichtigung von gemeinschaftlichen Schulden bei einem Ehegatten bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts in der Regel eine entsprechende andere Bestimmung durch konkludente Vereinbarung darstellt. Dies soll auch dann gelten, wenn mit Blick auf die Schuldentragung von der Geltendmachung entsprechender Ansprüche abgesehen wird.
Anders wird dies "regelmäßig" beim Kindesunterhalt gesehen. Der BGH nennt die hierfür angeführten zwei Gründe nur noch schlagwortartig: Die Parteien des Unterhaltsverhältnisses decken sich nicht mit denen der Gesamtschuld und aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsmethode schlägt die Berücksichtigung der Schulden anders als beim Ehegattenunterhalt nicht annähernd hälftig auf den Unterhaltsanspruch durch.
In Fällen wie dem Vorliegenden zeigen sich die unterschiedlichen Möglichkeiten zur rückwirkenden Geltendmachung in besonderer Schärfe. Eine Korrektur kommt hier bei widersprüchlichem Verhalten der Beteiligten allenfalls über § 242 BGB in Betracht. Die ausführliche Begründung des OLG Celle hierzu zeigt allerdings die Schwierigkeiten dabei auf, bei komplexen Fallgestaltungen hieraus eine konkrete Folge abzuleiten.
Bewertung
Leider hat der sich BGH, der seiner seit 2007 vorgeprägten Marschroute knapp und unkritisch weiter folgt, mit zwei – in der Entscheidung des OLG Celle breit erörterten – Fragenkomplexen nicht näher auseinandergesetzt und damit die Gelegenheit verpasst, die Konsequenzen der von ihm selbst im Kindesunterhaltsrecht initiierten Modernisierungen im Gesamtschuldnerausgleich zu diskutieren.
So lag nämlich durchaus nahe, sich damit auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall nicht doch ein Durchschlagen der zum Kindesunterhalt getroffenen Regelungen auf die Gesamtschuld zu begründen war. Letztlich trägt nämlich keins der beiden Argumente, die hiergegen vorgebracht werden. Erstens entsprachen sich vorliegend berücksichtigte Darlehensbeträge und Minderung des Kindesunterhalts weitgehend, so...