4. Internationaler Familienrechtstag der AG Familienrecht im DAV
Gut besucht war der diesjährige Internationale Familienrechtstag, der am 19. und 20.4.2024 in Berlin stattfand. Die Veranstaltung ist die vierte ihrer Art, seit 2018 wird sie alle zwei Jahre von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des DAV durchgeführt.
In ihrem Grußwort zum Auftakt der zweitägigen Veranstaltung verwies Ministerialdirigentin Ruth Schröder, Abteilungsleiterin im Bundesjustizministerium, auf das umfangreiche Programm, das die EU in den vergangenen 25 Jahren abgearbeitet hat. Nicht zuletzt die europäische Freizügigkeit habe zu einer wachsenden Mobilität der Bürger geführt und die habe wiederum Auswirkungen auf das Privatleben und die individuellen Lebensentwürfe der Menschen. Die EU sei deshalb gefordert, den rechtlichen Rahmen dafür zu gestalten, so Schröder. Inzwischen gibt es Rechtsakte zu den verschiedensten familienrechtlichen Themengebieten – Scheidung, elterliche Verantwortung, Unterhalt, Güterrecht und Erbrecht – und Vorschläge zum internationalen Abstammungsrecht und zum internationalen Betreuungsrecht. Und dort, wo es bisher noch keine europarechtlichen Normen gebe, habe der Gerichtshof "Pflöcke" eingeschlagen, beispielsweise zum internationalen Namensrecht.
Im ersten Fachvortrag gab die Hamburger Rechtsanwältin Dr. Elisabeth Unger einen Überblick über "Praktische Erfahrungen mit der neuen Brüssel IIb-Verordnung". Sie gilt für seit dem 1.8.2022 eingeleitete Verfahren und enthält Vorschriften über die Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Fragen der elterlichen Verantwortung und über Kindesentführung in der Europäischen Union. Sie bindet alle EU-Staaten, mit Ausnahme Dänemarks. Nach dem Brexit nimmt auch Großbritannien nicht mehr teil. In ihrem Fazit stellte Rechtsanwältin Dr. Elisabeth Unger fest, dass die Brüssel-IIb-Verordnung eine deutlich höhere Regelungsdichte aufweise, damit aber auch zu größerer Klarheit und Präzisierung führe. Auch wenn es Nachbesserungsbedarf gäbe, sei der eingeschlagene Weg doch richtig.
Der seit dem 29.1.2019 geltenden Europäischen Güterrechtsverordnung widmete sich anschließend Rechtsanwalt Gerd Uecker aus Hamburg. Er erläuterte anhand von zahlreichen Beispielsfällen die Probleme, die bei der Anwendung auftreten können. "Trockenübungen im Güterrecht" nannte er das. Über den Stand der Debatte zur Europäischen Elternschaft informierte im Anschluss die deutsch-spanische Rechtsprofessorin Cristina González Beilfuss von der Universität von Barcelona. Das Europäische Parlament hatte im vergangenen Jahr einen entsprechenden Verordnungsvorschlag der Kommission angenommen, mit der die Vorschriften des internationalen Privatrechts in Bezug auf die Elternschaft auf EU-Ebene harmonisiert werden sollen. Ob allerdings die notwendige Einstimmigkeit im Rat erzielt werden kann, ist derzeit offen. Außerdem arbeitet derzeit die Haager Konferenz an einem entsprechenden Übereinkommen.
Einen Überblick über die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei grenzüberschreitende Unterhaltsverfahren. lieferte der Stuttgarter OLG-Richter Michael Winter am zweiten Veranstaltungstag. Ergänzend dazu erhielten die Teilnehmer ein umfangreiches Begleitskript mit zahlreichen konkreten Fallbeispielen. In der sich an den Vortrag anschließenden Debatte wurde ergänzend die Vollstreckung von Entscheidungen im Ausland erörtert, die teilweise ein "totales Chaos" sei. Insbesondere Großbritannien sei hier nach dem Brexit zum Problemfall geworden.
Um die Mediation in internationalen Kindschaftskonflikten ging es im abschließenden Beitrag von Juliane Hirsch, LL.M., unabhängige Beraterin für Internationales Privatrecht und Internationales Familienrecht. Allerdings, darauf weist Juliane Hirsch hin, bestehen in Europa erhebliche Unterschiede bei den Mediationsangeboten. Jeder Staat gehe hier seinen eigenen Weg, die Chance auf eine gemeinsame Entwicklung sei hier verpasst worden.
Auch in diesem Jahr war der Internationale Familienrechtstag wieder spannend und informativ bis zur letzten Minute. Das dürfte nicht nur auf die vielseitige Themenzusammenstellung, sondern insbesondere auch auf die Referent:innen zurückzuführen sein, die es verstanden haben, ihr Auditorium zu fesseln.
Der 5. Internationale Familienrechtstag findet 2026 statt. Die Vorbereitungen dazu laufen bereits.
Autor: Peggy Fiebig
Peggy Fiebig, LL.M, Berlin
FF, S. 266