BGB § 1570 § 1578b
Leitsatz
a) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die notwendige Betreuung der Kinder auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter der Kinder abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurt. v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770).
b) Soweit die Betreuung der Kinder auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch entgegenstehen, dass der ihm daneben verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann (im Anschluss an die Senatsurt. v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770 und v. 16.7.2008 – XII ZR 109/05 – FamRZ 2008, 1739, 1748 f.).
c) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung setzt einerseits voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint.
BGH, Urt. v. 6.5.2009 – XII ZR 114/08 (OLG Karlsruhe in Freiburg, AG Villingen-Schwenningen)
Sachverhalt
Tatbestand: Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Juli 1989 die Ehe geschlossen, aus der der im Februar 1994 geborene Sohn S. und der im April 1996 geborene Sohn T. hervorgegangen sind. Nach der Trennung zum Jahreswechsel 2002/2003 wurde die Ehe im Juni 2004 rechtskräftig geschieden.
Die gemeinsamen Kinder leben seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Der ältere Sohn S. leidet seit seiner Geburt unter ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom).
Die Klägerin ist Krankengymnastin und übte diesen Beruf bis zur Geburt des älteren Kindes in Vollzeit aus. Nach der Geburt der Kinder nahm sie ihren Beruf zunächst stundenweise wieder auf. Seit 1998 geht sie freiberuflich einer Teilzeitbeschäftigung in einer Gemeinschaftspraxis nach. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug im Jahre 2005 15 bis 18 Stunden, im Jahre 2006 ca. 20 Stunden und beläuft sich seit Januar 2007 auf jedenfalls 25 bis 30 Stunden. Der Beklagte ist als Verwaltungsleiter vollschichtig erwerbstätig.
Das AG hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 in Höhe von monatlich 796 EUR verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG die Entscheidung abgeändert und die Unterhaltspflicht des Beklagten – zeitlich gestaffelt – herabgesetzt, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 auf monatlich 405 EUR (81 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 324 EUR Elementarunterhalt) und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 EUR (76 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 302 EUR Elementarunterhalt). Es hat die Revision zugelassen, "weil die Rechtssache wegen der Neuregelung des § 1578b BGB grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern".
Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil begehrt der Beklagte Abweisung der Klage für die Zeit ab Januar 2006.
Aus den Gründen
Entscheidungsgründe: A. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Nach ständiger Rspr. des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschl. v. 14.5.2008 – XII ZB 78/07 – FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurt. BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und v. 12.11.2003 – XII ZR 109/01 – FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurt. v. 12.7.2000 – XII ZR 159/98 – NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das OLG die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Unterhalt...