BGB § 1615l Abs. 2 § 1610 § 1570
Leitsatz
…
c) Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes i.V.m. einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.
BGH, Urt. v. 16.7.2008 – XII ZR 109/05 (OLG Düsseldorf, AG Düsseldorf).
Aus den Gründen
Die Entscheidung ist abgedruckt in FF 2008, 366 m. Anm. Viefhues = FamRZ 2008, 1739 = NJW 2008, 3125.
Zum Sachverhalt: Die Parteien stritten um Ansprüche der Klägerin auf Betreuungsunterhalt aus § 1615l BGB für die Zeit ab März 2003.
Die Klägerin und der Beklagte hatten sich 1996 kennen gelernt, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und den am 1.3.1995 geborenen ehelichen Sohn K. versorgte. Vor der Geburt dieses Kindes hatte sie als Fernmeldetechnikerin monatlich 1.335 EUR erzielt. Wegen der Pflege und Erziehung des ehelichen Kindes erhielt sie von ihrem damaligen Ehemann Betreuungsunterhalt, dessen Höhe zwischen den Parteien streitig ist.
Als die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter K. der Parteien schwanger war, zogen diese in eine gemeinsame Wohnung und vereinbarten, dass der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin keinen Unterhalt mehr zahlen müsse, was ihm auch mitgeteilt wurde. Die Tochter K. wurde am 28.12.1997 geboren. Die Klägerin war bereits wieder stundenweise berufstätig, als sie im Jahre 2000 erneut von dem Beklagten schwanger wurde. Sie trug das Kind trotz eines zunächst beabsichtigten Schwangerschaftsabbruchs aus, weil sie u.a. die psychischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs fürchtete. Am 12.1.2001 wurde der gemeinsame Sohn N. geboren. Im Juni 2002 trennten sich die Parteien innerhalb der gemeinsamen Wohnung. Auf Wunsch der Klägerin wurde die Beziehung im Dezember 2002 vollständig beendet, indem der Beklagte auszog.
Anmerkung
Anmerkung der Redaktion:
Der BGH hatte in der Entscheidung bekanntlich die Sache an das OLG Düsseldorf zur Prüfung der Frage zurückverwiesen, ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalles eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und – z.B. nach dem Alter des Kindes – einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind.
Auf Anfrage teilt der Vorsitzende des 2. Familiensenats des OLG Düsseldorf Folgendes mit:
"Das vom BGH (XII ZR 109/05) zurückverwiesene Verfahren II-2 UF 125/04 OLG Düsseldorf ist nach mehrmonatigem Stillstand ohne Verfahrensabschluss “weggelegt’ worden. Der Senat hat einen Erörterungstermin auf den 3.11.2008 anberaumt. Zu diesem Termin sind weder die Anwälte noch die Parteien erschienen. Der Beklagte hatte sich schon während de Revisionsverfahrens von seiner erstinstanzlichen Rechtsanwältin getrennt. Er hat sich trotz Hinweises auch nicht um einen neuen Anwalt gekümmert. Die Rechtsanwältin der Kläger hat drei Tage vor dem Termin angekündigt, nicht zu erscheinen. Von den Parteien persönlich hat der Senat keine Nachricht erhalten."
Damit ist dieses erste Verfahren zum Betreuungsunterhalt nach der Unterhaltsrechtsreform unspektakulär zum Abschluss gekommen. Die Erwartung des BGH in dem Urteil vom 16.7.2008, der Familiensenat des OLG Düsseldorf solle Fallgruppen bilden, die auf Erfahrungswerten beruhen und z.B. nach dem Alter des Kindes einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, ist offenkundig ja falsch verstanden worden (vgl. Hahne, FF 2009, 9 ff.).
Zum Geschiedenenunterhalt vgl. das BGH-Urteil vom 18.3.2009 (FF 2009, 203 mit Anm. Sanders und Anm. Hachenberg, FF 2009, 321 = FamRZ 2009, 770 und Menne, ZKJ 2009, 244, "Neue Wege beim Betreuungsunterhalt" und Born, FF 2009, 92 ff. "Betreuungsunterhalt nach neuem Recht – die ersten Erfahrungen".