Die Frage ist: Musste der BGH seine vertraute Rechtsprechung ändern? Bringt die neue Entscheidung sachgerechtere Ergebnisse?
Der seit 1995 praktizierten "Schwiegereltern-Rechtsprechung" haben die Oberlandesgerichte und das Schrifttum ganz überwiegend zugestimmt. Auch der 17. Deutsche Familiengerichtstag 2007, Arbeitskreis 18, hat die bisherige Rechtsprechung gutgeheißen. Der BGH zitiert in der jetzigen Entscheidung allerdings nur vier kritische Gegenstimmen.
Über die Frage, welche der beiden Lösungen – Ausgleich über den Zugewinn oder unmittelbarer Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern – zu einem sachgerechteren Ergebnis führt, lässt sich trefflich streiten.
Zunächst einmal erscheint die Begründung des BGH, warum er von seiner bisherigen Rechtsprechung abgerückt ist, durchaus überzeugend. Dem Familiensenat kann gefolgt werden, wenn er feststellt: „Allein der Umstand, dass die Schenkung dem eigenen Kind der Schwiegereltern über den Zugewinnausgleich teilweise zugute kommt, vermag nicht zu erklären, warum die Beibehaltung der derzeitigen Vermögensverhältnisse für die Schwiegereltern in Fällen des gesetzlichen Güterstandes regelmäßig zumutbar sein soll … Es ist nicht einzusehen, warum sich Schwiegereltern stets mit einem hälftigen Verbleib ihrer Schenkung beim (ehemaligen) Schwiegerkind abfinden sollen.“
Der Nachteil der neuen Regelung liegt jedoch darin, dass der nunmehr den Schwiegereltern zustehende Rückgewährsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) völlig unbestimmt ist. Die Beurteilung, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Rückgewähr einer Zuwendung besteht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist dabei – wie bereits ausgeführt – in erster Linie auf die Dauer der Ehe des Kindes mit dem Schwiegerkind abzustellen. Bei ganz kurzer Ehe wird der Rückgewährsanspruch in voller Höhe bestehen, bei sehr langer Ehe wird eine Rückforderung völlig zu versagen sein. Die Absicht des Familiensenats, den Schwiegereltern eine Rückforderung ihrer Zuwendung an das Schwiegerkind zu erleichtern, geht zu Lasten des eigenen Kindes, das künftig nicht mehr zur Hälfte über den Zugewinnausgleich an der schwiegerelterlichen Schenkung partizipiert.
Bei der bisherigen Rechtsprechung des BGH erscheint die kühne Konstruktion, ein und dasselbe Rechtsgeschäft einmal als Schenkung und einmal als ehebezogene Zuwendung zu bewerten, dogmatisch nicht unbedenklich. Der Qualifizierung der Zuwendung an das Schwiegerkind als ehebezogene Zuwendung kann jedoch mit der von Koch – vom BGH allerdings als "Kritikerin" zitiert – gegebenen Begründung zugestimmt werden: Die Schwiegereltern wollen das Schwiegerkind in der Regel nicht als individuelle Person beschenken. Vielmehr erfolgt die Zuwendung an das Schwiegerkind als Ehepartner des eigenen Kindes. Die Schwiegereltern wollen mit ihrer Zuwendung dem Schwiegerkind kein Geschenk machen, sondern Familienförderung betreiben.
Schließlich kann man auch der bisher vom BGH bevorzugten Lösung, dass das Schwiegerkind eine Hälfte der Zuwendung behalten darf und die andere Hälfte dem leiblichen Kind zufließt, durchaus Sympathie abgewinnen. Die abschließende Regelung über den vorrangig durchzuführenden Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten erspart eine streitige Auseinandersetzung der Schwiegereltern mit dem ehemaligen Schwiegerkind. Die bisherige Rechtsprechung führte zu durchaus befriedigenden Ergebnissen. Auch wenn, wie Schwab – ein weiterer vom BGH zitierter „Kritiker“ – es ausgedrückt hat, die gewählte Konstruktion mit vielen Fragezeichen zu versehen ist, ist das erreichte Ziel vernünftig.
Bei der Abwägung, ob der jetzigen oder der bisherigen Lösung der Vorzug zu geben ist, fällt zum Nachteil der neuen Rechtsprechung letztlich entscheidend ins Gewicht, dass die neue Regelung dem strengen und starren Stichtagsprinzip widerspricht.
Die eingangs gestellte Frage, ob es wirklich erforderlich war, die seit nunmehr 15 Jahren geübte Rechtsprechung aufzugeben, ist zu verneinen.