Grundsätzlich regelt Art. 111 FGG-Reformgesetz, welches formelle und materielle Recht zum jeweiligen Stichtag zur Anwendung kommt. Absatz 5 dieser Vorschrift in der Fassung von Art. 22 des VAStrRG vom 3. April 2009 (BGBl I, 700) lautet:
„Abweichend von Abs. 1 S. 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden“.
Dieser Vorschrift entspricht auch § 48 Abs. 3 VersAusglG, der bestimmt, dass in Verfahren, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, ab dem 1. September 2010 das ab dem 1. September 2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden ist.
Diese Regelung gilt auch für die Scheidungsfolgesachen (§ 137 FamFG), die mit dem Versorgungsausgleich noch in einem Entscheidungsverbund stehen, da sie gemeinsam nach den §§ 623, 628 ZPO vom Scheidungsverfahren abgetrennt worden waren.
Wurde der Versorgungsausgleich im Sinne dieser Regelung rechtzeitig, also spätestens am 31. August 2010 durch Verkündung einer Entscheidung geregelt, finden für das Rechtsmittelverfahren nach wie vor die Regelungen des 6. Buch der ZPO Anwendung, nicht also das FamFG.
Für den Anwalt und natürlich auch für die Parteien und das Familiengericht stellt sich die Frage, ob ein Übergang in das neue Recht Vor- oder Nachteile mit sich bringt. Diese Frage ist losgelöst von einer evtl. ergänzenden Arbeitsbelastung zu entscheiden.
Für den Anwalt hat der Übergang den Nachteil, dass die bisherige Arbeit und angefallenen Gebühren mit den neuen Gebühren verrechnet, also von den neuen Vorschriften aufgezehrt werden. Für die Verfahrensteile unter Ausschluss des Versorgungsausgleichs sind neue Ermittlungen oder neuer Sachvortrag nur dann erforderlich, wenn die jeweiligen Rechtsgrundlagen materiellrechtlich oder aber auch verfahrensrechtlich durch das FamFG eine Änderung erfahren haben. Zu erwähnen sind hier insbesondere Verfahren über den Hausrat oder die eheliche Wohnung, denn die frühere Regelung der HausratsVO ist mit dem FamFG entfallen, und auch im BGB enthalten die §§ 1568a, 1568b BGB inhaltliche Abweichungen von den früheren Vorschriften der HausratsVO.
1. Abtrennung
Sofern sich in einem Verfahren, das nach alter Rechtslage, also vor dem 1.9.2009 begonnen hat, abzeichnet, dass eine abschließende Verbundentscheidung nicht mehr bis zum 31.8.2010 erfolgen kann, sollten alle Beteiligten daran denken, dass alle Ermittlungen und Berechnungen am 1.9.2010 zur Makulatur werden. Zu denken wäre in einem solchen Fall an eine Abtrennung des Versorgungsausgleichs durch das Gericht. Zwar sind die Voraussetzungen nach § 628 ZPO nicht gegeben, aber wenn der Zeitfaktor den Verfahrensabschluss vor dem 1.9.2010 unwahrscheinlich macht, ist das aus meiner Sicht ein wichtiger Grund für eine Abtrennung – besondere Umstände erfordern auch besondere Maßnahmen.
2. Anfechtung nach § 53c FGG
Eine weitere Möglichkeit ist es, dass die Auskunft eines Versorgungsträgers vor dem Fachgericht angefochten wird – denn in diesem Fall muss das FamG nach § 53c FGG den Versorgungsausgleich abtrennen und der Verbund im Übrigen kann zum Abschluss gebracht werden. Das Anfechtungsverfahren kann hingegen noch im August 2010 zurückgenommen werden, weil jetzt schon auf Grund der Abtrennung neues Recht zur Anwendung kommt (§ 48 Abs. 2 VersAusglG) und auch der 1.9.2010 dann zur Anwendung des neuen Rechts führen würde.
3. Rentnerprivileg
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist rentenrechtlich das Rentnerprivileg, das auch im Falle der Abtrennung und Anwendung des neuen Ausgleichsrechts nach den §§ 101, 268a SGB VI erhalten bleibt. Für das Beamtenrecht entfällt für Bundesbeamte das Pensionärsprivileg (§§ 57, 58 BeamtVG), für Landesbeamte besteht dies jedoch nach Art. 125a GG fort, denn bis zu einer Landesgesetzgebung gilt der Rechtszustand vor dem 1.9.2006 fort.