Das Einkommensteuerrecht beruht auf der Annahme, dass ein Kind – auch bei Getrenntleben der Eltern – nur einen Lebensmittelpunkt hat. Obwohl jeder Elternteil einen eigenen Anspruch auf den Kinderfreibetrag hat, wird nach § 64 Abs. 1 EStG für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt ("Obhutsprinzip"). Lebt das Kind bei beiden Eltern zu gleichen Teilen, entscheiden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die Eltern, an wen das Kindergeld ausgezahlt werden soll. Das Ergebnis, dass gleichermaßen betreuende Eltern den Berechtigten bestimmen sollen, wurde durch analoge Anwendung des § 64 Abs. 2 EStG erzielt. Die Rechtsprechung des BFH hat die "Unteilbarkeit" der Kindergeldauszahlung bekräftigt; um eine hälftige Auszahlung des Kindergeldes im Fall des Wechselmodells zu erreichen, müsste der Gesetzgeber eine gesetzliche Neuregelung schaffen.
Wenn dagegen beide Eltern barunterhaltspflichtig sind, gilt § 1612b Abs. 1 Nr. 2, das Kindergeld wird in voller Höhe auf den Barunterhalt angerechnet. Dagegen wird von einigen die Auffassung vertreten, dass auch beim Wechselmodell nur die Hälfte des Kindergeldes vom Barbedarf abzuziehen sei, zur anderen Hälfte sei das Kindergeld auf die Betreuung von beiden zu verrechnen und soll dann von der Anteilsberechnung ausgenommen sein. Diese Auslegung gegen den Wortlaut von § 1612b Abs. 1 BGB wird damit begründet, dass es sonst zu einem ungerechten Ergebnis führen würde in dem Fall, dass beide Eltern paritätisch betreuen, aber das Einkommen von M den Selbstbehalt von 1.150 EUR nicht überschreitet und V den vollen Barbedarf zu decken hat, denn dann entlaste der Abzug des ganzen Kindergeldes nur V, aber nicht die gleichermaßen betreuende M. Das widerspreche dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt. Dies Argument überzeugt deshalb nicht, weil auch ein barunterhaltspflichtiger, aber nicht leistungsfähiger Elternteil seinen Kindesunterhaltsanteil für den Bedarf des Kindes einzusetzen hat – und dadurch entlastet wird. Dies hat das BVerfG im Beschluss vom 14.7.2011 klargestellt: Sowohl der barunterhaltspflichtige wie auch der betreuende Elternteil seien verpflichtet, das Kindergeld ausschließlich für den Unterhalt des Kindes zu verwenden; kein Elternteil dürfe es für eigene Zwecke verwenden. Der Barbedarf des Kindes beginnt erst "jenseits" des Bedarfs, der durch das Kindergeld bereits abgedeckt wird.