Für die Anwendung des § 1578b BGB ist zu prüfen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
a) Vorhandensein von ehebedingten Nachteilen
Ehebedingte Nachteile sind dann eingetreten, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte wegen der Ehe nur eine weniger qualifizierte und schlechter bezahlte Tätigkeit ausüben kann. So kann es liegen, wenn der Ehegatte wegen der Gestaltung der Ehe vorübergehend aus dem Berufsleben ausgeschieden ist und deshalb eine Rückkehr in den erlernten qualifizierten Beruf nicht mehr möglich ist. Dies kann darauf beruhen, dass die Ausbildung und die berufliche Erfahrung den inzwischen in dem Beruf gestellten Anforderungen nicht mehr entsprechen.
OLG Köln FamRZ 2009, 122
Selbst wenn der Wiedereintritt in den Beruf gelingt, wird das Gehalt wegen der jetzt fehlenden beruflichen Erfahrung und geringeren Qualifikation vielfach geringer sein als ohne ein vorübergehendes Ausscheiden aus dem Beruf.
Das vorübergehende Ausscheiden aus dem Beruf kann auch zur Folge haben, dass später die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erheblich sinken und deshalb nur noch eine Teilzeitstelle gefunden werden kann.
OLG Nürnberg FamRZ 2009, 345, 347
Selbst wenn der Ehegatte im erlernten Beruf wieder vollschichtig erwerbstätig ist, können ehebedingte Nachteile bestehen bleiben. Die rechtliche Stellung des Arbeitnehmers nach der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit ist zunächst noch weniger gesichert. Ein ehebedingter Nachteil kann darin bestehen, dass das Arbeitsverhältnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten noch nicht unkündbar ist.
OLG Koblenz FamRZ 2009, 524
Ehebedingte Nachteile können darin liegen, dass die im Beruf erworbenen Folgeansprüche geringer sind, als sie ohne die Ehe bei einer Vollerwerbstätigkeit gewesen wären. Scheidet der Ehegatte aus dem Beruf aus oder ist er wegen der Ehe nur teilschichtig tätig, so erwirbt er in dieser Zeit auch nur geringere Rentenanwartschaften. Doch werden die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die künftige Altersvorsorge nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang belasten. Ein dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen.
BGH, Urt. v. 25.6.2008 – XII ZR 109/07, FamRZ 2008, 1508, 1511
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn über den Versorgungsausgleich diese Einbuße nicht ausgeglichen worden ist oder nicht werden konnte. Dies kommt zum Tragen, wenn der andere Ehegatte selbstständig tätig gewesen ist und keine ausgleichsfähigen Versorgungsanwartschaften erworben hat. Die Lücke in der Altersversorgung und die dadurch bedingte gekürzte Rente ist ein ehebedingter Nachteil.
OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 341
Eine wegen der Ehe reduzierte Erwerbstätigkeit führt auch zu einem geringeren Krankengeld. Auch das ist ein ehebedingter Nachteil.
OLG Koblenz FamRZ 2009, 427
b) Fehlen von ehebedingten Nachteilen
Der Umstand, dass eine Erkrankung während der Ehe eintritt, führt regelmäßig nicht zu einem ehebedingten Nachteil. Krankheiten sind nur in Ausnahmefällen ehebedingt.
BGH, Urt. v. 26.11.2008 – XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406, 408 f.; so auch OLG Frankfurt FamRZ 2009, 526; OLG Koblenz FamRZ 2009, 427; OLG Bremen FamRZ 2009, 343
Von einem ehebedingten Nachteil ist dann nicht auszugehen, wenn der berufliche Einstieg in den früheren Beruf gelingt.
OLG Hamm FamRZ 2009, 50; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 2208
Ein solcher Fall ist auch gegeben, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte vor der Ehe als gelernte Drogistin gearbeitet und nach der Ehe eine Arbeitsstelle in einem Drogeriemarkt gefunden hat.
OLG Saarbrücken FamRZ 2009, 349
Ebenso verhält es sich bei dem Wiedereinstieg in den Beruf der Friseurin.
OLG Bremen FamRZ 2009, 347; OLG Zweibrücken FamRZ 2009, 49
Gleiches gilt, wenn der neu aufgenommene Arbeitsplatz im Bereich des erlernten Berufes liegt –
OLG Stuttgart FamRZ 2009, 53
– und eine berufliche Verschlechterung nicht eingetreten ist. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hatte den Beruf der Verkäuferin erlernt und ist nunmehr als Bürokauffrau berufstätig.
OLG Brandenburg FamRZ 2009, 521
Ist der Ehegatte im öffentlichen Dienst tätig, werden ehebedingte Nachteile in der Regel nicht eintreten, weil die Rückkehr in den früher ausgeübten Beruf nach der Familienpause rechtlich gesichert ist.
Zu ehebedingten Nachteilen wird es auch nicht kommen, wenn der Ehegatte ohne Berufsausbildung ist und ungelernte, einfache Tätigkeiten ausgeübt hat. Der Wiedereintritt in das Berufsleben wird in diesem Erwerbsbereich oft ohne Einkommenseinbußen möglich sein.
Ehebedingte Nachteile bestehen nicht, wenn der haushaltsführende Ehegatte beruflich den Status erreicht, den er ohne die Heirat bei Fortführung der Berufstätigkeit erreicht hätte. Die Einkommensdifferenz allein ist kein Indiz für berufliche Nachteile. Das ...