Das Umgangsrecht der Großeltern in § 1685 Abs. 1 BGB ist von seiner ratio legis her ein im Sinne des Kindes kodifiziertes Rechtsinstitut. Originär großelterlichen Interessen dient es demgegenüber lediglich reflexhaft und nur, solange diese sich mit denjenigen des Kindes decken. So ist weniger der Aufbau, sondern vielmehr der Schutz bereits entstandener Bindungen und Beziehungen zum Kind das gesetzgeberische Anliegen des Großelternumgangsrechts. Des Weiteren steht es in einem Spannungsverhältnis zu den Elternrechten der beiden Elternteile aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Im Konfliktfall mit den betreuenden Eltern(teilen) muss es ebenso zurücktreten wie im Kollisionsfall mit dem Umgangsrecht des nichtbetreuenden Elternteils. Es bietet daher vor allem einen Schutz vor willkürlicher Umgangsverweigerung im Falle eines drohenden Abbruchs einer bestehenden Großeltern-Kind-Beziehung, denn die Verweigerungshaltung eines Elternteils wird durch die Rechtsprechung einer Kontrolle unterzogen. Nur wenn sich der Kontakt zu den Großeltern als Einmischung in bzw. Einflussnahme auf die gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG den Eltern zugewiesene Erziehungsfunktion darstellt und sich daraus ein objektiv feststellbarer Konflikt mit den Eltern entwickelt, der sich negativ auf das Kind auswirkt bzw. auszuwirken droht, sollte ein Umgang mit den Großeltern nicht geregelt werden. So sollten die Großeltern ohne Abstimmung mit den Eltern keine Erziehungsaufgaben wahrnehmen, sie müssen es umgekehrt aber auch nicht. Die Rechtsprechung hat das gesetzgeberische Anliegen des Großelternumgangsrechts bisher gut umgesetzt. Das Großelternumgangsrecht bildet daher einen sinnvollen Baustein im kindeswohlzentrierten deutschen Kindschaftsrecht. Nach knapp 18 Jahren forensischer Praxis ist zu konstatieren, dass die mit der Kodifikation des Großelternumgangsrechts verbundenen gesetzgeberischen Vorstellungen und Wertungen durch die Rechtsprechung weitestgehend verwirklicht worden sind. Es ist jedoch auch zu konstatieren, dass das Umgangsrecht von den umgangswilligen Großeltern häufig als ein eigenes originäres Recht, welches vor allem auch dem Aufbau von Beziehungen zum Kind dienen soll, missverstanden wird. Hier zeigt sich, dass die Kritik am insoweit etwas unklaren Wortlaut des § 1685 Abs. 1 BGB berechtigt gewesen ist.

Autor: Dr. Fritz R. Osthold , Rechtsanwalt, Pinneberg

FF 9/2017, S. 347 - 354

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