FamGKG § 38; RVG § 33; ZPO § 254
Leitsatz
1. Wird das Mandat des zunächst beauftragten Verfahrensbevollmächtigten während des noch anhängigen Verfahrens gekündigt, so kann dieser den Gegenstandswert seiner Tätigkeit im Verfahren nach § 33 RVG gesondert festsetzen lassen.
2. Der Wert eines Stufenantrags auf Unterhalt richtet sich nach der Erwartung des Antragstellers bei Antragseinreichung. Das gilt sowohl für die auf die Antragseinreichung folgenden zwölf Monate als auch für die bei Antragseinreichung fälligen Beträge.
(LS des Anmerkenden)
OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.5.2020 – 5 WF 75/20 (AG Offenbach)
Aus den Gründen
Gründe: I. [1] Die Antragstellerin wurde im vorliegenden, vormals beim Amtsgericht rechtshängigen Trennungsunterhaltsverfahren u.a. von Rechtsanwältin X vertreten, die mit Schriftsatz vom 5.3.2019 mitteilte, dass sie die Antragstellerin nicht mehr vertreten würde. Mit gleichem Schriftsatz beantragte Rechtsanwältin X die "Festsetzung des Verfahrenswerts". Mit Beschl. v. 13.3.2019 setzte das Amtsgericht "den Verfahrenswert" vorläufig auf 1.000 EUR fest. Mit Schriftsatz vom 19.3.2019 rügte die Beschwerdeführerin, dass sie eine verbindliche Wertfestsetzung benötige. Hierauf reagierte das Amtsgericht nicht. Im Termin vom 24.5.2019 nahm die zwischenzeitlich anderweitig vertretene Antragstellerin ihren im Stufenverfahren gestellten Antrag zurück. Mit Beschl. v. 7.6.2019 setzte das Amtsgericht den Verfahrenswert auf 1.000 EUR fest. Hiergegen legte Rechtsanwältin X Beschwerde ein und verwies darauf, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung von einem rückständigen Unterhaltsanspruch i.H.v. 186.955,14 EUR und laufendem Unterhalt i.H.v. 3.000 EUR ausging. Mit Beschl. v. 22.1.2020 änderte das Amtsgericht seinen Beschl. v. 7.6.2019 dahin ab, dass der Wert auf 5.000 EUR festzusetzen sei.
[2] II. Die Beschwerde ist vorliegend nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft, da das Amtsgericht vorliegend eine Bestimmung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit unterlassen hat und stattdessen eine in Bezug auf die Beschwerdeführerin nicht veranlasste vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG und sodann eine endgültige Wertbestimmung nach § 55 Abs. 2 FamGKG vorgenommen hat.
[3] Das Amtsgericht hat insoweit verkannt, dass nach § 33 Abs. 1 Alt. 2 RVG eine gesonderte Wertfestsetzung für die Gebühren des Anwalts auch dann auf Antrag zu erfolgen hat, wenn es an einem Wert für die Gerichtsgebühren fehlt. Dies ist auch dann der Fall, wenn bei Mandatsniederlegung während eines noch laufenden Verfahrens mangels Erledigung des Verfahrens (§ 55 Abs. 2 FamGKG) noch kein Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen ist (vgl. OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; OLG Oldenburg, BeckRS 2018, 1364; OVG Münster v. 16.6.2014 – 12 E 625/14, juris; FG Hamburg AGS 2015, 285; BeckOK-Streitwert/Dürbeck, "Verfahren der Wertfestsetzung" Rn 13).
[4] Der Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG ist im Übrigen auch deshalb nach § 33 Abs. 2 RVG zulässig, weil der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers bereits fällig ist. Im Falle einer vorzeitigen Mandatsbeendigung tritt insoweit eine die Fälligkeit auslösende Erledigung des Auftrages i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG ein (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., 2017, § 8 RVG Rn 8).
[5] Die Beschwerde ist auch begründet.
[6] Das Amtsgericht hat zu Unrecht nur einen Wert von zuletzt 5.000 EUR für den zum Zeitpunkt der Antragstellung noch in der auskunftsstufe befindlichen Stufenantrag der Antragstellerin berücksichtigt.
[7] Soweit es die Bewertung von Stufenanträgen i.S.d. § 113 Abs. 1 FamFG, 254 ZPO betrifft, sind die einzelnen Werte nicht zu addieren, sondern nach § 38 FamGKG ist der Wert für den höchsten Einzelantrag maßgebend, was im Regelfall bei einer späteren Bezifferung der Leistungsantrag sein wird (vgl. OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; AGS 2017, 284). Ist es – wie im vorliegenden Fall – zum Zeitpunkt der Mandatsbeendigung noch zu keiner Bezifferung des Stufenantrags gekommen, so ist – wie im Fall des sog. "steckengebliebenen Stufenantrags" – nach zutreffender Ansicht nicht der Wert des Auskunftsantrags für die Wertfestsetzung maßgebend, weil insoweit zu berücksichtigen ist, dass nach § 34 FamGKG bereits mit Erhebung des Stufenantrages ein Wert für den rechtshängigen unbezifferten Leistungsantrag entsteht. Dieser ist vielmehr nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen, entscheidend sind die erkennbaren Erwartungen des Antragstellers zur Höhe seines Anspruchs bei Einreichung des Stufenantrages (OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; AGS 2016, 292; OLG Karlsruhe FuR 2016, 122; OLG Bremen FF 2015, 78; OLG Schleswig MDR 2014, 1345). Dieser ist dann in voller Höhe für den Gebührenverfahrenswert maßgeblich. Fehlen in der Antragsschrift hierfür Anhaltspunkte, kann eine außergerichtliche Forderung oder Äußerung zur Höhe des Wertes ein wesentliches Indiz für die Wertbestimmung sein (OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 393). Nur dann, wenn überhaupt keine Anhaltspunkte zu den Erwartungen des Antragstellers vorliegen, ist der Auffan...