Handbuch für die familienrechtliche PraxisRechtsgrundlagen – Erläuterungen – MusterMallory Völker/Monika Clausius8. Aufl., Nomos Verlag, Baden-Baden 2021, geb., 1144 SeitenISBN 978-3-8487-6814-198 EUR
Die erste Auflage des "Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis", wie der Band ursprünglich einmal hieß, erschien im Jahr 2000 im Deutschen Anwaltverlag. Begründet wurde er von dem 2008 verstorbenen Harald Oelkers, zuletzt Vorsitzender Richter eines Familiensenats am OLG Rostock, der den damals nur wenige hundert Seiten starken Band bis zu der 2004 herausgekommenen, zweiten Auflage betreut hat. In der dritten Auflage des schon damals von der familiengerichtlichen Praxis außerordentlich geschätzten, als "Insidertipp" gehandelten Werkes wechselten Autoren und Herausgeber: Mit Mallory Völker, einem langjährigen, erfahrenen Familienrichter am OLG Saarbrücken, und Monika Clausius, einer renommierten, bekannten Familienrechtsfachanwältin aus Saarbrücken, trat ein echtes "Dreamteam" an; eine durch zahlreiche Veröffentlichungen bestens ausgewiesene, ideale Kombination zweiter Autoren, die aufgrund ihrer unterschiedlichen beruflichen Ausrichtung die Gewähr dafür bieten, dass die Materie von allen Seiten bestens ausgeleuchtet wird. Ihr im Vorwort der dritten Auflage gegebenes Versprechen, an die "Handschrift" von Harald Oelkers und dessen hohen Qualitätsanspruch anknüpfen zu wollen, haben sie gleich auf Anhieb hervorragend eingelöst – und zwar so vortrefflich, dass die dritte Auflage 2010 binnen weniger Monate vergriffen war und 2011 eine vierte, nochmals aktualisierte Auflage vorgelegt werden musste. In der Folgezeit sind in kurzen Abständen weitere Auflagen des von der gesamten familienrechtlichen Praxis – Richtern, Rechtsanwälten, Verfahrensbeiständen und Fachkräften der Jugendämter oder Sachverständigen – hoch geschätzten Bandes erschienen. Auch auf Anregungen aus dem Nutzerkreis hin wurde das Werk von Auflage zu Auflage immer mehr verfeinert und hat sich mittlerweile mit Bravour zu einem echten Toptitel im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts entwickelt – bis zur siebten Auflage 2016. Danach war auf einmal "Funkstille". Die eigentlich zu erwartende Neuauflage blieb über Jahre hinweg einfach aus. Der Grund dafür, dass die lang erwartete Überarbeitung erst jetzt, fünf Jahre später vorgelegt wird, dürfte wohl ein zwischenzeitlicher Wechsel des Verlages sein – der Band erscheint nunmehr, komplett durchgesehen und aktualisiert, im Baden-Badener Nomos Verlag unter einem geringfügig angepassten, aussagekräftigeren Titel.
In der Neuauflage ist das "runderneuerte" Werk erneut um etwa 300 Seiten kräftig gewachsen auf nunmehr über 1100 Seiten – angefüllt mit viel Neuem in höchster Qualität: Der Band deckt nach wie vor den gesamten Bereich des Sorge- und Umgangsrechts sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht vollständig ab. Der Begriff "vollständig" ist dabei allerdings eine gewisse Untertreibung. Denn die Autoren ziehen die Grenzen ihrer Darstellung zur Freude der Nutzerinnen und Nutzer des Werkes außerordentlich weit – die Aufbereitung des Stoffes wird immer wieder ergänzt durch geschickt eingebaute, für die Praxis sehr wertvolle Exkurse und Erweiterungen wie etwa die Ausführungen zum Beratungsangebot der Jugendämter (u.a. § 1 Rn 462 ff.; § 2 Rn 52), einem in kaum einem anderen Werk zu findenden, gelungenen Abschnitt zu den "Schnittstellen" zwischen der Tätigkeit der Familiengerichte und der Arbeit der Jugendämter (§ 12) oder die gehaltvollen Ausführungen zu den finanziellen Folgen der Wahrnehmung des Umgangs durch den Umgangsberechtigten (u.a. Kosten des Holen und Bringens, § 2 Rn 137 ff.), den Umgangsverpflichteten (ggf. Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen Umgangsregelungen, § 2 Rn 142 ff.) einschließlich der ihnen jeweils zustehenden sozialrechtlichen Leistungen (§ 2 Rn 144).
Der Band enthält mehrfach echte "Highlights". Dazu gehörten schon immer die mit zahlreichen Praktikerratschlägen unterlegten, soliden Ausführungen zum Vollstreckungsrecht und dem – in der Neuauflage nochmals verfeinerten – "Plädoyer für einen aktiven Richter" (§ 6 Rn 75 ff.). Dazu zählt weiter die 30 Seiten umfassende, sehr ausführliche und durch reichhaltige Rechtsprechungsnachweise illustrierte Darstellung des Rechts des Verfahrensbeistands (§ 5): Fast schon tragisch ist es freilich, dass der Deutsche Bundestag praktisch parallel zu Druck und Auslieferung der Neuauflage eine umfangreiche Reform des § 158 FamFG einschließlich der Einführung der §§ 158a bis 158c FamFG n.F. beschlossen hat, die insbesondere für Rechtsanwälte, die gelegentlich Verfahrensbeistandschaften übernehmen, bedeutsame Änderungen mit sich bringen wird (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung von Oktober 2020, BR-Drucks 634/20 und dazu ausführl. Menne, NZFam 2020, 1033 ff.) – erste Teilaspekte der voraussichtlich im Juli 2021 wirksam werdenden Neuregelung sind zwar bereits berücksichtigt (§ 5 Rn 41 a.E.), aber die Zeit war wohl zu kurz, um gewichtige Än...