Wichtiger noch als die Elternrechte sind Rechte der betroffenen Kinder, die die Umstände ihrer Geburt nicht beeinflussen können.
1. Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung
Jedes Kind braucht Menschen, die verbindlich für es Verantwortung übernehmen und ihm Liebe, Geborgenheit, Unterhalt und Erziehung geben. Die Pflicht, durch rechtliche Ausgestaltung die elterliche Hinwendung zum Kind zur Wahrnehmung ihrer Kontroll- und Sicherungsverantwortung zu ermöglichen, trifft den Gesetzgeber gem. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG im Rahmen des Rechts auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung. Das Grundrecht weist dabei eine Abwehr- und eine Leistungskomponente auf. Kinder dürfen ihren Eltern nicht entzogen werden. Erst wenn diese nicht willens oder in der Lage sind, die Elternverantwortung wahrzunehmen, kann und muss der Gesetzgeber im Rahmen seiner aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG folgenden Verpflichtung ermöglichen, dass andere Personen die Elternrolle übernehmen. Einen Anspruch auf Einräumung der rechtlichen Elternstellung für lediglich von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte soziale Eltern hat das BVerfG abgelehnt. Besteht aber ein Recht des Kindes auf Einräumung der rechtlichen Elternstellung von Personen, die gem. Art. 6 Abs. 2 GG geschützt sind? Dagegen spricht, dass im Einzelfall eine ganze Reihe von Personen wie Samenspender, Eizellenspenderin, Geburtsmutter, Wunscheltern etc. gem. Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternverbindungen zum Kind begründen können und es dem Gesetzgeber überlassen bleiben muss, diese Rechtspositionen zum Wohle des Kindes auszugestalten. Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 GG liegt allerdings vor, wenn diese Gestaltungsfreiheit eingeschränkt war. Bejaht man dies, lässt sich spiegelbildlich zur Verletzung von Art. 6 Abs. 2 GG in den hier vorliegenden Fällen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 2 GG begründen.
2. Gleichheitsrechte
Das KG stützt seine Vorlage maßgeblich auf Gleichheitsrechte des Kindes. Für die Entscheidung des BVerfG wird dieser Aspekt möglicherweise den Ausschlag geben. Auch wenn das BVerfG der oben entwickelten Auffassung folgen sollte, dass auch die Co-Mutter verfassungsrechtlichen Schutz genießt, so ist denkbar, dass das Gericht dem Gesetzgeber einen Gestaltungsraum einräumt, ob er die rechtliche Elternstellung unmittelbar an diese grundrechtliche Position binden will. Immerhin ist es der Co-Mutter möglich, durch die Adoption die Position als zweiter Elternteil einzunehmen. Die Situation des Kindes stellt sich jedoch anders dar, so dass jedenfalls hier eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG anzunehmen sein dürfte.
Nach dem oben unter III. 5. vorgestellten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ist in diesem Fall eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, da die unmittelbare Zuweisung von Eltern für die rechtliche und wirtschaftliche Absicherung des Kindes und damit für die Ausübung von Grundrechten von maßgeblicher Bedeutung ist und die Gründe der Ungleichbehandlung nicht in der Hand des Kindes liegen. Je nachdem, welches Elternpaar gerade diesen Embryo "adoptiert", oder welches Elternpaar den Spendersamen für die Befruchtung der Ehefrau einsetzt, ist die rechtliche Situation des Kindes unterschiedlich. Ist das Elternpaar ein verschiedengeschlechtliches Ehepaar, hat das Kind mit der Geburt automatisch zwei Eltern, die es finanziell und rechtlich absichern, obwohl es mit dem rechtlichen Vater nicht genetisch verwandt ist. Das Kind des gleichgeschlechtlichen Elternpaars hat dagegen bei Geburt nur einen Elternteil, sogar dann, wenn die Co-Mutter nach einer Eizellenspende die genetische Mutter ist. Den anderen Elternteil bekommt das Kind – hoffentlich – mit der Stiefkindadoption. Das Kind kann seine eigene Position nicht beeinflussen, es kann sich weder aussuchen, ob es mit einem gleich- oder verschiedengeschlechtlichen Ehepaar als Eltern geboren wird, noch die Geschwindigkeit des Adoptionsverfahrens erhöhen.
Für das Kind bedeutet die Übergangszeit bis zum Abschluss einer Adoption Risiken. Wäre die Geburtsmutter bei der Geburt gestorben, dann hätte das Kind gar keinen Elternteil mehr gehabt, während ein überlebende Witwer "sein" Kind sofort hätte in die Arme schließen können. Risiken können sich auch in der Person des Co-Elternteils verwirklichen. Bei Versterben des Ehemannes hätte das Kind von seinem rechtlichen Vater einen Erbteil erhalten. Wäre jedoch die...