Es wurde bereits erwähnt, dass die Ausübung der Personensorge entweder durch ein schriftliches Übereinkommen der Eltern oder durch eine Gerichtsentscheidung einem Elternteil ausschließlich erteilt werden kann. Trotzdem darf dieser Elternteil nicht alle Entscheidungen über die Personensorge des Kindes treffen. Es gibt einige Aspekte der Personensorge, die so wichtig sind, dass die Beteiligung beider Eltern erforderlich ist, unabhängig davon, wem die Ausübung der Personensorge ausschließlich übertragen worden ist.
Aus diesen Gründen ist Art. 1519 Abs. 1 gr. ZGB dahingehend geändert, dass die Entscheidungen über die Namensgebung, die Religion, die Gesundheit und über Ausbildungssachen, die sich entscheidend auf die Zukunft des Kindes auswirken, von beiden Eltern gemeinsam getroffen werden, auch wenn die Personensorge von einem Elternteil ausschließlich ausgeübt wird oder sie zwischen den Eltern verteilt wurde. Von der gemeinsamen Ausübung der Personensorge nach Art. 1519 gr. ZGB werden die Gesundheitssachen in dringenden Fällen oder mit laufendem Charakter ausgeschlossen. Die Reform des Art. 1519, die zwingendes Recht normiert, entspricht der in der Rechtsprechung herrschenden Kerntheorie, wonach einige Aspekte der Personensorge immer beiden Eltern obliegen, weil sie den Kern der elterlichen Sorge berühren. Aus der Vorschrift des Art. 1519 Abs. 1 gr. ZGB ergibt sich, dass die Entscheidung über die Wahl der Schule des Kindes oder über ihren öffentlichen oder privaten Charakter gemeinsam getroffen werden soll. Das gleiche gilt auch für die Fremdsprache(n), die das Kind lernen wird und auch für den Zugang zu einer inländischen oder ausländischen Hochschule.
Weiterhin regelt der neue Abs. 2 des Art. 1519 gr. ZGB die Änderung des Aufenthalts des Kindes. Gemäß dieser Vorschrift muss die vorherige schriftliche Zustimmung des Elternteils, mit dem das Kind nicht zusammenlebt, für die Änderung des Aufenthalts des Kindes vorliegen, soweit die Ausübung des Umgangsrechts dieses Elternteils durch die Änderung des Kindesaufenthalts wesentlich beeinflusst wird. Stimmt dieser Elternteil nicht zu, entscheidet das Gericht, eventuell auch durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht entscheidet nicht nur im Hinblick auf das Umgangsrecht des entsprechenden Elternteils, sondern auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls, das vielleicht durch die Änderung seines Aufenthalts positiv betroffen ist (Art. 1511 gr. ZGB).