Für die Übermittlung elektronischer Dokumente stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Wege zur Verfügung: Die Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg und die Übermittlung an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Gerichts.
§ 4 Abs. 1 ERVV legt fest, dass ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist entweder auf einem sicheren Übermittlungsweg oder an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Gerichts übermittelt werden darf. Sollte das elektronische Dokument also mit einer qualifizierten elektronischen Signatur i.S.v. Art. 3 Nr. 12 elDAS-VO versehen sein, besteht mit Blick auf die beiden genannten Übermittlungsformen Wahlfreiheit. Allerdings ist zu beachten, dass mehrere elektronische Dokumente nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden dürfen, § 4 Abs. 2 ERVV (Verbot der Containersignatur). Sollte das elektronische Dokument hingegen lediglich mit einer einfachen elektronischen Signatur versehen sein, ist die Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg zwingend. Eine einfache Signatur erfordert die Wiedergabe des Namens in Buchstabenform. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die Verantwortung für das Dokument übernommen wird. Wer darüber nachdenkt, ob das elektronische Dokument mit einer einfachen oder mit einer qualifizierten Signatur zu versehen ist, muss berücksichtigen, dass die materiell-rechtliche Schriftform nach § 126a Abs. 1 BGB nur derart durch die elektronische Form ersetzt werden kann, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird.
a) Sichere Übermittlungswege
Die sicheren Übermittlungswege lassen sich § 130a Abs. 4 Satz 1 ZPO (ggf. i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG) entnehmen.
aa) Absenderauthentifizierte De-Mail
Der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos stellt einen sicheren Übermittlungsweg dar, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 De-Mail-Gesetz angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz bestätigen lässt. Die Telekom hat ihren De-Mail-Dienst zum 31.8.2022 eingestellt. Da es neben der Telekom aber weitere De-Mail-Anbieter gibt, steht dieser Übermittlungsweg weiter zur Verfügung.
bb) Besonderes elektronisches Anwaltspostfach und weitere Postfächer
Einen sicheren Übermittlungsweg stellt außerdem der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b BRAO oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts dar. Insofern steht neben dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (§ 31a BRAO: beA) und dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach für Berufsausübungsgesellschaften (§ 31b BRAO) das besondere elektronische Notarpostfach (§ 78n BNotO) und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (§§ 86d ff. StBerG) zur Verfügung. Das besondere elektronische Notarpostfach erlangt im Anwendungsbereich von § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG praktische Bedeutung, weil Notare hier – anders als im Anwendungsbereich von § 130d Satz 1 ZPO – eine aktive Nutzungspflicht in Bezug auf den elektronischen Rechtsverkehr trifft.
Essentiell ist es, dass die Prozesserklärung nicht lediglich im Nachrichtenfeld einer Nachricht platziert wird, die über ein besonderes elektronisches Postfach versandt werden soll. Zwar eröffnen die Softwareanwendung die Möglichkeit, einen Text in ein Nachrichtenfeld einzutragen. Damit wird aber die Anforderung an elektronische Dokumente nach § 2 Abs. 1 ERVV (Format: PDF) nicht erfüllt.
Für die Anwaltschaft soll allgemein anerkannt sein, dass sich die Nutzungspflicht auf das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) beschränkt. Es bestünde keine Verpflichtung, alternative elektronische Übermittlungswege bereitzuhalten. Diese These ließe sich möglicherweise mit der Rechtsprechung des BGH begründen, wonach von einem Rechtsanwalt, der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingerichtet hat, einen Schriftsatz weder selbst noch durch Boten oder durch Post, sondern durch Fax zu übermitteln, nicht verlangt werden könne, beim Scheitern der gewählten Übermittlung infolge eines Defekts des Empfangsgeräts oder wegen Leitungsstörungen "unter Aufbietung aller nur denkbaren Anstrengungen innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte Zugangsart" sicherzustellen. Da diese argumentative Brücke aber mit Unwägbarkeiten verbunden ist, sollte man bei der Kanzleiorganisation überlegen, für den Fall von beA-Störungen eine "fall back"-...