Prütting/Helms (Hrsg.)6. Aufl. 2023, 2961 Seiten, Otto Schmidt KG Köln, 159 EURISBN 978-3-504-47956-5

Die Neuauflage dieses Kommentars auf Dünndruckpapier war erforderlich, weil entsprechend dem Vorwort der Herausgeber auf dem familienrechtlichen Gebiet in der jüngsten Vergangenheit mehrere Gesetzesänderungen in Kraft getreten sind. Die bewährte äußere Form ist beibehalten worden. Jede gesetzliche Bestimmung ist in Fettdruck wiedergegeben. Daran schließen sich oftmals Hinweise auf Gesetzesänderungen an, bevor der Erläuterung im Einzelnen eine Inhaltsangabe vorangestellt wird, die das Aufsuchen von Rechtsproblemen erleichtert. In der Regel schließt sich daran die Wiedergabe der neuesten Literatur. Der Fettdruck bei den Überschriften und auch innerhalb der Erläuterungen erleichtern das Auffinden von Rechtsfragen. Abgerundet wird das Werk mit einem umfangreichen Sachregister, einem vorangestellten Bearbeiterverzeichnis, einer Inhaltsübersicht und einem Literaturverzeichnis sowie einem Abkürzungsverzeichnis. Gemäß dem Vorwort der Herausgeber befindet sich der Kommentar auf dem Stand vom 1.7.2022 ist. Das Autorenteam ist fast unverändert gegenüber der 5. Auflage geblieben. Lediglich die Nachlass- und Teilungssachen (§§ 342 bis 373 FamFG) werden nunmehr von Zorn an Stelle von Fröhler bearbeitet.

Aufgrund des engbegrenzten Raumes für eine Rezension ist es nur möglich, einige Partien zu besprechen.

Das Gesetz zum Schutz sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.6.2021 erforderte eine Neukommentierung der Vorschriften zur Kindesanhörung (§ 159 FamFG) und zum Verfahrensbeistand (§ 158 bis 158c FamFG). Diese Vorschriften sind von Hammer kommentiert.

Die Anhörung nach § 159 FamFG hat persönlich, mithin visuell und akustisch zu erfolgen (BVerfG FF 2022, 310, 311; Ey, FF 2022, 265; Sachenbacher, FF 2022, 343, 345). Das ist der Subjektstellung des Kindes geschuldet. Das Gericht hat das Kind in seiner Individualität zu berücksichtigen (Hammer, § 159 FamFG Rn 1, in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023). Die persönliche Anhörung des Kindes und auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Kind nach § 159 FamFG sind altersunabhängig (OLG Saarbrücken FamRZ 2022, 963, 964 = FF 2022, 416 m. Anm. Ebeling = NZFam 2022, 608, besprochen von Grandke; Hammer, a.a.O., § 159 FamFG Rn 3). Wenn das Kind noch nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun, sieht die Neuregelung des § 159 FamFG vor, dass sich das Gericht zumindest einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen hat, um ggf. Rückschlüsse aus dem Verhalten des Kindes zu ziehen. Im Rahmen der Verschaffung des persönlichen Eindrucks ist die explizierte Wahrnehmung des Kindes als eigenständige Persönlichkeit durch das Gericht erforderlich (OLG Frankfurt/M. FamRZ 2022, 1800, 1801 = NZFam 2022, 1036 = ZKJ 2023, 65 m. Anm. Köhler = FamRB 2023, 22, besprochen von Clausius). Damit geht einher, dass das Kind nach Ansicht des OLG Frankfurt a.a.O. zumindest kurz in seinem Verhalten beobachtet wird, um so auch Rückschlüsse auf seine Befindlichkeit ziehen zu können. Dieser allgemeine Hinweis wird von Kischkel, FamRZ 2021, 1595, 1597 dahingehend konkretisiert, dass die durch den Richter erfolgte Verschaffung des persönlichen Eindrucks vom Kind einen Erkenntnisgewinn insoweit ergibt, als er durch die Beobachtung z.B. die Reaktion des Kindes auf bestimmte Personen feststellen kann. Hammer, § 159 FamFG Rn 9 versteht unter Verschaffung des persönlichen Eindrucks die Inaugenscheinnahme des Kindes einschließlich der Beobachtung seines Verhaltens. Es geht hierbei mithin um Interaktionsbeobachtungen der Eltern mit ihrem Kind. Damit die Ergebnisse der Interaktionsbeobachtungen von dem Familienrichter auch zutreffend beurteilt werden können, sollte er das Konzept der Feinfühligkeit nach der Bindungstheorie von J. Bowlby heranziehen. Nehmen die Eltern die Bedürfnisse ihres Kindes wahr, interpretieren sie die Signale des Kindes richtig, reagieren sie prompt und gehen sie angemessen auf die Bedürfnisse ihres Kindes ein (Balloff, Kinder vor dem Familiengericht, 4. Aufl. 2022, S. 272), sind sie feinfühlig. Zwischen ihnen bestehen dann enge Lebenswurzeln (Balloff, a.a.O., S. 270).

Die Verpflichtung des Gerichts nach § 159 Abs. 1 FamFG tätig zu werden, gilt auch im einstweiligen Anordnungsverfahren (Hammer, § 159 FamFG Rn 5, in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023) und findet nahezu in allen Kindschaftssachen gemäß § 151 Nr. 1 bis 5 FamFG Anwendung. Überwiegend wird angenommen, dass auch im vereinfachten schriftlichen Verfahren auf Regelung der elterlichen Sorge nach § 155a Abs. 3 Satz 1 FamFG das Kind anzuhören ist und auch von ihm die Verschaffung des persönlichen Eindrucks erfolgen muss, sofern nicht einer der in § 159 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 FamFG abschließend genannten Ausnahmetatbestände eingreift (§ 155a FamFG Rn 31); Zorn, § 155a FamFG Rn 7, in: Dutta, Jacoby, Schwab, FamFG, 4. Aufl. 2022; Waruschewski, § 155a FamFG Rn 3, in: Weinreich/Klein, Familienrecht, 7. Aufl. 2022; Lack/Rosenzweig, ...

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