BGH, Beschl. v. 3.5.2023 – XII ZB 442/22
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b) Wünscht der Betreute einen bestimmten Familienangehörigen zum Betreuer und würde dessen Bestellung zu erheblichen familiären Konflikten führen, unter denen der Betreute persönlich leiden müsste, oder könnte infolge dieser Spannungen innerhalb der Familie eine Regelung der wirtschaftlichen oder sonstigen Verhältnisse des Betreuten nicht gewährleistet werden, können diese Umstände auf die Eignung der gewünschten Person zur Führung der konkreten Betreuung im Sinne des § 1816 Abs. 2 S. 1 BGB durchschlagen (Fortführung des Senatsbeschl. v. 15.5.2019 – XII ZB 57/19, FamRZ 2019, 1356).
BGH, Beschl. v. 19.4.2023 – XII ZB 462/22
a) Die Erforderlichkeit einer Betreuung kann sich nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des Betroffenen ergeben, seine Angelegenheiten selbst regeln zu können (Betreuungsbedürftigkeit). Nach § 1815 Abs. 1 S. 3 BGB darf ein Aufgabenbereich nur angeordnet werden, wenn und soweit dessen rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer erforderlich ist (Fortführung der Senatsbeschl. v. 30.6.2021 – XII ZB 73/21, FamRZ 2021, 1737 und v. 21.102020 – XII ZB 153/20, FamRZ 2021, 385).
b) Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen (Fortführung der Senatsbeschl. v. 30.6.2021 – XII ZB 73/21, FamRZ 2021, 1737 und v. 21.10.2020 – XII ZB 153/20, FamRZ 2021, 385).
c) Eine Anordnung zur Entscheidung über die Postangelegenheiten des Betroffenen nach § 1815 Abs. 2 Nr. 6 BGB ist nur zulässig, soweit die Befugnis erforderlich ist, um dem Betreuer die Erfüllung einer ihm ansonsten übertragenen Betreuungsaufgabe in der gebotenen Weise zu ermöglichen. Zudem setzt eine solche Anordnung regelmäßig voraus, dass sie erforderlich ist, um eine erhebliche Gefährdung oder Beeinträchtigung von wesentlichen Rechtsgütern des Betroffenen zu beseitigen. Beides muss durch konkrete tatrichterliche Feststellungen belegt werden (Fortführung des Senatsbeschl. v. 21.10.2020 – XII ZB 153/20, FamRZ 2021, 385).
BGH, Beschl. v. 15.3.2023 – XII ZB 232/21
a) Eine Patientenverfügung eines gemäß §§ 20, 63 StGB im Maßregelvollzug Untergebrachten steht einer zwangsweisen Behandlung gemäß Art. 6 Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Bayerischen Maßregelvollzugsgesetzes (BayMRVG) nur dann gemäß Art. 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 7 lit. b BayMRVG entgegen, wenn sie Regelungen zur Zwangsbehandlung beinhaltet und erkennen lässt, dass sie in der konkreten Behandlungssituation der geschlossenen Unterbringung Geltung beanspruchen soll (im Anschluss an Senatsbeschl. BGHZ 214, 62 = FamRZ 2017, 748 und v. 14.11.2018 – XII ZB 107/18, FamRZ 2019, 236). Daher ist zu prüfen, ob die in der Patientenverfügung in Bezug genommene Situation auch die etwaigen Konsequenzen einer ausbleibenden Behandlung, wie den Eintritt schwerster, gar irreversibler Schäden oder einer Chronifizierung des Krankheitsbildes mit den entsprechenden Folgen für die Fortdauer der freiheitsentziehenden Maßnahme, erfasst (im Anschluss an BVerfGE 158, 131 = FamRZ 2021, 1564).
b) Gemäß Art. 6 Abs. 3 Nr. 3 BayMRVG ist eine Zwangsbehandlung zulässig, um eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person in der Einrichtung abzuwenden. Der Umstand, dass von der Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB untergebrachte Personen betroffen sind, führt zu keiner einschränkenden Auslegung des Gefahrenbegriffs.
c) Ob besondere Sicherungsmaßnahmen nach Art. 25 BayMRVG das gegenüber einer Zwangsbehandlung mildere Mittel im Sinne des Art. 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BayMRVG darstellen, ist aus der Sicht der betroffenen Person zu beantworten.