1 Unterhalt
1.1 KG, Beschl. v. 9.4.2024 – 16 UF 60/23
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2. Für die Berechnung der zweijährigen "Sperrfrist" gemäß § 1605 Abs. 2 BGB für das Verlangen des Unterhaltsberechtigten nach einer erneuten Auskunft über das Einkommen und das Vermögen des Unterhaltspflichtigen ist auf den Schluss der letzten Tatsachenverhandlung bzw. auf den entsprechenden Zeitpunkt im schriftlichen Verfahren und nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft abzustellen. Deshalb steht einem Unterhaltsberechtigten, der im laufenden Verfahren bereits einen Auskunftstitel erlangt hat, im laufenden Verfahren grundsätzlich auch dann kein erneuter Auskunftsanspruch mehr zu, wenn im laufenden Verfahren seit dem Erlass des Titels mehr als zwei Jahre vergangen sein sollten.
3. Aus Treu und Glauben ist ein Unterhaltsschuldner gehalten, bei eingetretenen Veränderungen eine bereits vorliegende Auskunft zu seinen Einkünften und zu seinem Vermögen im laufenden Verfahren ungefragt zu aktualisieren. Der Unterhaltsberechtigte ist jedoch nicht berechtigt, im laufenden Unterhaltsverfahren alle zwei Jahre voraussetzungslos eine erneute Auskunft zu verlangen und im (Unterhalts-) Stufenverfahren ungeachtet des Vorliegens besonderer Umstände von der Leistungsstufe in die bereits abgeschlossene Auskunftsstufe wieder zurückzukehren.
4. Wenn unstreitig ist, dass der die (bar-) unterhaltsberechtigten, minderjährigen Kinder betreuende Elternteil über deutlich mehr als das zehnfache Monatsnettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt und aus der vom barunterhaltspflichtigen Elternteil im Verfahrensverlauf vorgelegten Auskunft über dessen Einkünfte und Vermögen deutlich hervorgeht, dass dieser aufgrund des Bezugs von staatlichen Sozialtransferleistungen offensichtlich nicht leistungsfähig ist und in absehbarer Zeit auch nicht leistungsfähig sein wird, ist die begehrte erneute Auskunft für den Unterhaltsanspruch nicht erheblich, weil es von vornherein an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen fehlt und deshalb gegen diesen auch kein (Bar-) Unterhaltsanspruch besteht.
2 Versorgungsausgleich
2.1 BGH, Beschl. v. 5.6.2024 – XII ZB 277/23
Zum Ausgleich eines Zuschlags an Entgeltpunkten aus langjähriger Versicherung (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) trotz Geringfügigkeit (Fortführung des Senatsbeschl. v. 10.1.2024 – XII ZB 389/22, FamRZ 2024, 677).
2.2 KG, Beschl. v. 7.3.204 – 16 UF 112/23
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann aus Anlass eines einzelnen, außergewöhnlich schwerwiegenden, rein vermögensbezogenen Vorfalls in Betracht kommen, wenn es sich bei dem betreffenden ehelichen Fehlverhalten um eine schuldhaft begangene Handlung von erheblichem Gewicht handelt. Das kann der Fall sein, wenn sich das betreffende Handeln und dessen Begleitumstände als außergewöhnlich rücksichtslos und extrem ehefeindlich darstellt und damit gegen sämtliche Gebote der ehelichen Vermögensfürsorge sowie der Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen des anderen Ehegatten verstoßen wird (hier: “Plünderung“ aller gemeinschaftlichen Konten der Ehegatten durch einen Ehegatten, der im Innenverhältnis hierzu nicht berechtigt ist, während der andere Ehegatte nach einem schweren Schlaganfall arg- und wehrlos in einer Reha-Klinik liegt).
2. Das Ausgleichssystem für Altersversorgungen nach dem Versorgungsausgleichsgesetz besteht unabhängig von demjenigen aus Gesamtgläubigerschaft und neben diesem. Eine wechselseitige Verrechnung findet nicht statt, weil es sich bei der Ausgleichsforderung nach § 430 BGB nicht um ein auszugleichendes Anrecht im Sinne von § 2 VersAusglG handelt und weil die negative Härteregelung des § 27 VersAusglG sich nicht auf den Gesamtgläubigerausgleich auswirkt.
2.3 OLG Hamm, Beschl. v. 26.10.2023 – 5 UF 48/23
1. Der Ausgleich eines betrieblichen/privaten Anrechts mit Invaliditäts(zusatz)-absicherung ist nach § 27 VersAusglG auf den Ausgleichswert beschränkt, der ohne den vorzeitigen Eintritt der Invalidität zu übertragen wäre., weil die Invalidität der ausgleichspflichtigen Person während der Ehezeit regelmäßig zu einer erheblichen Wertsteigerung des (korrespondierenden) Kapitalwerts führt, die allein darauf beruht, dass die Rente vor dem Renteneintrittsalter geleistet wird. Die Teilung der invaliditätsbedingten Wertsteigerung des Rentenanrechts kann daher auch dann grob unbillig sein, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte selbst nur über eine geringe Versorgung verfügt, die er nicht mehr wesentlich verbessern kann.
2. Es ist unbillig i.S.d. § 27 VersAusglG, den Ehepartner an der durch die Berufsunfähigkeit eingetretenen Erhöhung des Anrechts teilhaben zu lassen, wenn die Höhe des Anrechts im Wesentlichen auf der eingetretenen Berufsunfähigkeit und nicht auf der Rollenverteilung in der Ehe beruht, der Ausgleichspflichtige auf die Weiterzahlung seiner ungekürzten Berufsunfähigkeitsrente bis zum regulären Renteneintritt angewiesen und zu erwarten ist, dass er unter Berücksichtigung des im Übrigen durchgeführten Versorgungsausgleichs ab Rentenbezug nur über eine durchschnittliche Altersversorgung verfügen wird, während der ausgleichsberechtigte Ehepartner bis zum Renteneintritt weitere Anrechte erwerben kann und ihm im Versorgungsausgleich nicht u...