Die Frage in allen Fällen ist demnach: Kann und soll dem "verarmten" Ausgleichsschuldner noch eine Verteidigungsmöglichkeit eröffnet werden, um der Zahlung zu entgehen? Zumindest der Rechtsvertreter, der den Verpflichteten vertritt, wird versuchen, das holzschnitzartige Ergebnis unter Anwendung von juristischer Filigranargumentation zu korrigieren. Schwab weist zutreffend auf folgende Denkmodelle hin:
– § 1382 BGB (Stundung),
– § 1383 BGB (Übertragung in Anrechnung auf den Zugewinnausgleich),
– § 1381 BGB (grobe Unbilligkeit),
– § 242 BGB (Treu und Glauben).
Um es vorwegzunehmen: Alle derartigen Versuche sind wenig aussichtsreich – und das ist auch gut so.
1. § 1382 BGB Stundung
Die Stundung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Die typischerweise durch den Zugewinnausgleich eintretenden Belastungen hat der Ausgleichsschuldner zu tragen. Notfalls muss er deshalb ein Darlehen aufnehmen oder vorhandenes Vermögen verkaufen. Anerkannt ist hingegen, dass die Stundungsmöglichkeit vor einer unwirtschaftlichen oder überstürzten Veräußerung unter Wert schützen soll. Dies gilt vor allem, falls ansonsten der Betrag nicht geleistet werden kann und z.B. durch die Veräußerung des Vermögenswertes eine Spekulationssteuer ausgelöst wird. In Fällen, in denen der Totalverlust des Aktiendepots sicher ist und dies den einzigen Vermögenswert darstellt, erscheint aber keine Besserung in Sicht. Den Interessen des Gläubigers ist deswegen der Vorrang einzuräumen. Ob jedoch der Schuldner zum einen überhaupt ein Darlehen bekommt (Bankenkrise!), andererseits der Gläubiger seinen Anspruch damit durchsetzen kann, bleibt dahingestellt.
2. Zu § 1383 BGB: Übertragung in Anrechnung auf die Forderung
Diese Vorschrift ist zugunsten des Ausgleichsgläubigers geschaffen worden. Nur er kann verlangen, dass in Anrechnung auf eine Zugewinnausgleichsschuld ein Vermögensgegenstand übertragen wird, sofern dem Schuldner dies zugemutet werden kann. Der Schuldner als solcher muss immer in Geld leisten. Ihm steht eine Abwendungsbefugnis gerade nicht zu. Kein Gläubiger wird sich aber ein wertloses Aktiendepot ganz oder teilweise aufdrängen lassen. Allenfalls dann, wenn die Aktien noch einen Wert haben und eine Erholung auf dem Markt zu erwarten ist, wird ein Gläubiger dies überhaupt in Betracht ziehen, bevor er auf einen Titel mit vagen Vollstreckungsfolgen verwiesen wird.
3. Zu § 1381 BGB: Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit
a) Das Problem des Zeitpunktes
Zunächst muss hierbei die Vorfrage geklärt werden, bis zu welchem Zeitpunkt überhaupt die Vorschrift anwendbar ist. In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass nur bis zum Bewertungsstichtag des § 1384 BGB die Norm angewendet werden könne. Teilweise wird gefordert, dass bis zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung die Norm reiche. Dies wäre dann die Rechtskraft der Scheidung.
In der Rechtsprechung wird – oftmals ohne auf den Meinungsstreit überhaupt einzugehen – davon ausgegangen, dass bis zur Entscheidung über den Zugewinnausgleichsanspruch selber die Norm noch angewendet werden könne. Die Begründung, welche hierfür gegeben wird, ist recht pragmatisch. Sie ähnelt allerdings fatal einem Zirkelschluss. So "begründet" z.B. das OLG Köln seine Meinung damit, dass sich "anderenfalls nachteilige Ergebnisse der Auseinandersetzung einseitig zu Lasten des Ausgleichspflichtigen auswirken würden."
b) Eigene Stellungnahme
Selbst wenn man mit der Rechtsprechung aber einmal davon ausgeht, dass § 1381 BGB grundsätzlich anwendbar ist, wird es – jedenfalls nach der Judikatur des BGH – äußerst schwierig werden, Ergebnisse zu korrigieren. In ständiger Rechtsprechung vertritt nämlich der BGH die Ansicht, dass der Zugewinn eine starre schematische Regelung darstelle. Ein Leistungsverweigerungsrecht wird nur dann eingeräumt, falls "der – bewusst in rein schematischer und pauschalierender Art gestaltete – Ausgleichsanspruch in der vom Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Weise ausnahmsweise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Zutreffend resümiert Schwab denn auch, dass sich "in der Rechtsprechung eine auffällige Vorliebe für die Bestandsfestigkeit alles einmal Errechneten ergebe"."
Die Gründe der oben zitierten Entscheidung des OLG Köln könnte man vielleicht für eine Korrektur heranziehen. In dem dortigen Verfahren war auf beiden Sei...