Warum ist dieser Übergang für die Frage nach ehebedingten Nachteilen relevant? In der post-industriellen Gesellschaft nimmt auf der einen Seite die Strukturierung des Lebenslaufs durch das Erwerbssystem ab. Als biographische "Orientierungsmarken" relevante Strukturen – Branchenstabilität, Arbeitsplatzsicherheit, Tariflohn, Normalarbeitszeit, betrieblicher Regelaufstieg, soziale Sicherung – verlieren an Bedeutung. Auf diese industriegesellschaftliche Strukturierung, die der weitgehenden Einheitlichkeit der "normalen", das heißt männlichen Berufsverläufe zugrunde liegt bzw. lag, können sich die Jüngeren in ihren biographischen Entscheidungen heute nicht mehr beziehen. Auf Sicherheit und Kontinuität gerichtete Elemente des Erwerbssystems verlieren in den Lebensverläufen der Männer seit den 1980er Jahren an Bedeutung. In den Lebensverläufen der Frauen waren die genannten Strukturgeber ohnehin schwächer ausgeprägt. Der Prozess in Richtung einer post-industriellen Arbeitswelt hat sie in ihrer Funktion für eine zuverlässige Lebensplanung für Männer und Frauen eher abgeschwächt als den Besonderheiten des weiblichen Lebenslaufs angepasst.
Auf der anderen Seite haben sich Muster eines modernen weiblichen Lebenslaufs gebildet – mit oder auch gegen die institutionelle Unterstützung durch das Bildungswesen und familienpolitische Innovationen (z.B. Elternurlaub). Ungeachtet des signifikant höheren Bildungs- und Ausbildungsniveaus haben auch die jüngeren Frauen in ihrem Erwerbsverlauf deutliche Einkommensnachteile hinzunehmen, sofern sie sich für die Mutterschaft entscheiden. Bekannt ist, dass Teilzeitarbeit zu überproportionalen Verdienstausfällen – weit über die eigentliche Teilzeitphase hinaus – führt. Weniger bekannt ist, dass die strukturellen Einkommensdifferenzen von Männern und Frauen durch Teilzeitarbeit stabilisiert werden.
Eine Stagnation ihres Einkommens müssen auch Frauen mit einem berufszentrierten Lebensentwurf hinnehmen, in dem keine eigene Lebensphase für die Kinderbetreuung vorgesehen ist – durchaus aber Mutterschaft. Auch in diesem Fall sind ehebedingte Nachteile möglich; sehr häufig müssen berufsorientierte Frauen nach der Geburt eines Kindes Aufstiegsambitionen aufgeben, weil sie die informellen Arbeitszeitnormen nicht einhalten, die in ihrem betrieblichen Umfeld gelten. So beweist eine repräsentative Studie zum Erfolg akademisch gebildeter Frauen in den Berufsfeldern Chemie und Ingenieurwissenschaften (Könekamp 2006), dass in Bereichen, in denen Frauen in der Minderheit sind, schon die Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit zu massiven Nachteilen führt. Die Fallstudien zeigen den direkten Zusammenhang von zeitweiliger Verkürzung der Arbeitszeit (auf 36 bis 40 Stunden) und beruflichem Misserfolg. Nur etwa 5 % der Personen, die sich innerhalb der Wochenarbeitszeit von 36–40 Stunden bewegten, waren "sehr erfolgreich", dagegen 14 % "wenig erfolgreich", während etwa 55 % der Personen, die über 50 Stunden pro Woche arbeiteten, "sehr erfolgreich" waren (Könekamp 2006: 45). Auch vom traditionellen weiblichen Lebenslauf abweichende Praktiken – hier die Berufstätigkeit von Frauen in einer Männerdomäne – sind also tendenziell riskant. Sobald eine Frau in der Familienphase die Kinderbetreuung nicht rund um die Uhr abgeben will, kommt der Aufstieg – und die Berufstätigkeit in anspruchsvollen Feldern und Positionen insgesamt – in die Krise.
Im Durchschnitt aller erwerbstätigen Frauen gilt das Gleiche! Eine neuere Studie des Wissenschaftszentrums Berlin belegt, dass sich mit zunehmender Dauer des Erziehungsurlaubs die weiteren Karrierechancen von Frauen verringern. Die Folgen einer Erwerbsunterbrechung sind schwer vorhersehbar – und kaum beherrschbar – da sich Nachteile nicht immer beim Wiedereinstieg zeigen, sondern vor allem die mittel- und längerfristigen Karrierechancen leiden (Ziefle 2004).