Dennoch haben sich Erwerbsinteresse und Erwerbsbeteiligung von Frauen stetig erhöht, so dass die Zielmarke der EU für die weibliche Erwerbsquote von 60 % erreicht ist. Dabei geht es um zwei parallele Entwicklungen – die in der relativ gleich bleibenden Erwerbsquote unsichtbar bleiben.
Zum einen ist an den Erwerbsquoten der Frauen im Alter zwischen 15 und 65 in den Jahren 1960/1980/1998 die grobe Periodisierung zwischen industriell geprägter und post-industrieller Gesellschaft ablesbar:
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Bei der ältesten Kohorte, den 1960 15- bis 25-Jährigen, war die Erwerbsbeteiligung in diesem Alter sehr hoch, denn die meisten hatten mit 14 Jahren die Schule verlassen; sie sinkt ab dem Heiratsalter deutlich ab. |
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Der ab 1980 steigenden Bildungsbeteiligung bis zum 25. Lebensjahr korrespondiert die sinkende Erwerbsbeteiligung jüngerer Frauen, und zugleich |
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steigt seit den 1990er Jahren die Erwerbsbeteiligung der Frauen insgesamt und bleibt auf hohem Niveau stabil – ungeachtet der Lebensform. |
Einschränkend ist hierzu zu sagen:
(1) Die aktive Erwerbsquote, d.h. der Anteil der Frauen mit unter-drei-jährigen Kindern, die tatsächlich erwerbstätig sind, hat sich in Westdeutschland seit Mitte der achtziger Jahre kaum verändert. Allerdings hat die Erwerbsquote inzwischen eine durchaus andere Bedeutung, denn zugleich vervielfachte sich der Anteil der beurlaubten Mütter mit Kindern unter drei Jahren von rund 10 % im Jahr 1985 auf etwa 50 % im Jahr 1999, um sich inzwischen auf einem Niveau um die 45 % einzupendeln (Bothfeld u.a. 2005a: 15). "Beurlaubt" heißt, dass die Frauen anstreben, wieder berufstätig zu sein.
(2) Das Erwerbsvolumen liegt niedriger als die gestiegene Beschäftigtenquote anzuzeigen scheint, denn es werden immer mehr Frauen in Teilzeit erwerbstätig. Dies macht sich in den sinkenden Vollzeitquoten und der stetig absinkenden durchschnittlichen tatsächlichen Wochenarbeitszeit gerade auch unter den Müttern bemerkbar (Bothfeld u.a. 2005a: 21). Daher entwickelt sich das Erwerbsvolumen von Frauen nicht im gleichen Maße wie ihr Anteil an den beschäftigten Personen.
(3) Der Anteil der geringfügig beschäftigten Frauen steigt stetig an (Bothfeld u.a. 2005b).
Die beiden letzten Trends (Teilzeit- und nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) führen dazu, dass sich nach der Familiengründung nicht nur das verfügbare Einkommen signifikant verringert – und die Arbeitszeitverringerung der Frauen die Männer wieder zu Familienernährern macht. Darüber hinaus sind die Stundenverdienste in Branchen, die Teilzeitarbeit nutzen, signifikant niedriger als in anderen Branchen; generell ist betrieblicher Aufstieg bei verkürzter Arbeitszeit kaum möglich. So hat sich in Deutschland ein dramatischer gender pay gap entwickelt. Die Einkommensdifferenz zulasten der Frauen beträgt derzeit (2009) 23 Prozent (Westdeutschland: 25 %, Neue Länder: 6 %). Der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigung wird in der Forschung – neben der Konzentration der beschäftigten Frauen in wenigen Sektoren – als wichtigster Grund für diese ausgeprägte Einkommensdifferenz zuungunsten der Frauen angesehen. Während in den ersten Berufsjahren die Einkommensdifferenz noch gering ist, wird sie ab dem 30. Lebensjahr deutlich größer und bleibt bis zum Rentenalter stabil. Nach der Bundesstatistik liegt der Bruttostundenverdienst der Frauen (im Jahr 2006) im Durchschnitt um etwa fünf Euro unter dem der Männer. Diese Lücke zwischen den Durchschnittsverdiensten geht nicht nur auf den Karriereknick zurück, sondern auch darauf, dass viele Frauen nach der Familiengründung aus den Erwerbssektoren mit höherer Qualifikation und entsprechend höheren Einkommen in andere Sektoren wechseln. Entscheidend ist dabei der Wunsch, die zeitlichen Anforderungen verschiedener Lebensbereiche vereinbaren zu können; daher kommt es zum einen darauf an, möglichst kurze Arbeitswege zu haben und in einem "mütter-kompatiblen" Umfeld zu arbeiten, zum anderen wird in vielen Branchen und Betrieben qualifizierte Teilzeitarbeit nicht ermöglicht.