Die Komplexität der Modernisierung des Frauenlebens soll im Folgenden noch expliziter als bisher in einer doppelten Begrifflichkeit gefasst werden. Zu sprechen ist zum einen von den institutionellen Vorgaben und Anreizen, das heißt von dem durch Arbeitsmarkt, Recht und politischen Institutionen geregelten Lebenslauf (als Struktur) und zum anderen von den subjektiv rezipierten Leitbildern und individuellen Lebensentwürfen. Beide Dimensionen des sozialen Wandels – Struktur und Lebensentwurf – sind nicht unabhängig voneinander, aber sie sind zu unterscheiden, weil sie zumindest seit der Krise der industriellen Gesellschaft sich ungleichzeitig zueinander verhalten.
Wie sehen die Einstellungen der Jüngeren zur Erwerbsarbeit und zur Arbeitsteilung in der Familie aus? Was die Geschlechterdifferenz angeht, haben sich sowohl die Einstellungen als auch der biographische Entwurf des Mannes als insgesamt stabiler erwiesen; beides bleibt im Kern von dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit, Erfolg und sozialem Status über den Beruf bestimmt. Das ist mit Abstrichen heute noch so – das zeigen Ergebnisse der INFAS-Umfrage von 2009.
Wichtigkeit von Lebensbereichen
|
Frauen – in % |
Männer – in % |
Beruf und Arbeit |
76 |
81 |
Eigene Familie mit Kindern |
71 |
58 |
Karriere machen |
47 |
54 |
Finanzielle Unabhängigkeit |
87 |
87 |
Viel Geld verdienen |
60 |
72 |
Quelle: infas Institut für angewandte Sozialwissenschaften GmbH, "Frauen auf dem Sprung!" (2. Erhebung April – Mai 2009)
Im Jahr 2007 wurden für diese repräsentative Untersuchung insgesamt 1.020 Frauen zwischen 17 und 19 bzw. 27 und 29 Jahren interviewt; ein Teil von ihnen 18 Monate später noch einmal. Die Aussagen der jungen Frauen zeigen ein starkes Interesse am Beruf und an finanzieller Unabhängigkeit, und sie sind anspruchsvoll, was das Familienengagement des Partners angeht! Die Aussagekraft einer solchen Umfrage besteht weniger in einzelnen Ergebnissen, sondern mehr in der Tendenz, die angezeigt wird – etwa in der großen Bedeutung, die die finanzielle Unabhängigkeit für junge Frauen hat – bei gleichzeitigem relativen Desinteresse an Karriere. Interessant sind neben den unterschiedlichen Auffassungen zur "Zeit für die Familie" bei jungen Männern und Frauen auch die beruflichen Vorstellungen. Frauen erlauben sich eher als Männer den "Luxus", ihre inhaltlichen Interessen an einer konkreten beruflichen Tätigkeit und normativ fundierte Vorstellungen von einem "guten" Beruf über das Einkommensinteresse zu stellen! Für diese Präferenz gibt es zahlreiche Belege aus neueren soziologischen Studien.