Für den Elternunterhalt hat das Kind im Grundsatz auch sein Vermögen einzusetzen. Dies ist jedoch kaum erwähnenswert, weil das geschützte Vorsorgevermögen bei einer Sparrate von 5 % des Bruttoeinkommens zuzüglich der thesaurierten Erträge eine Größenordnung erreicht, bei der ein Vermögensverbrauch während der aktiven Erwerbsphase in der Praxis nicht relevant wird. Dies gilt auch, wenn zusätzlich Immobilieneigentum vorhanden ist. Die Verhältnisse ändern sich jedoch mit Erreichen des Ruhestandes. Dann begründet der BGH eine Pflicht zum "Entsparen", indem vorhandenes Kapital in eine der statistischen Lebenserwartung entsprechende lebenslange Rente umzuwandeln und dem Einkommen zuzuschlagen ist. Die Methode wirkt stimmig, wenn man das Kapital als Aufbesserung der Rente betrachtet, sie wird diskussionswürdig, wenn man überlegt, dass der Bedarf in den späteren, pflegeintensiven Jahren überproportional steigt und sich ein linearer Verbrauch als ungünstig erweisen kann.
Besonderer Erwähnung bedarf beim Vermögenseinsatz jedoch das Urteil vom 29.4.2015. Der BGH hat zu Lasten des verheirateten und nicht erwerbstätigen Kindes entschieden, dass für dieses "grundsätzlich kein Bedürfnis für die Bildung eines eigenen Altersvorsorgevermögens" bestehe, es sei denn, es ist nicht hinreichend über seinen Ehegatten abgesichert. In den Gründen führt der BGH dazu aus, die Vorsorge für das Alter obliege dem erwerbstätigen Ehegatten im Rahmen des Familienunterhalts. Dabei partizipiere der andere Gatte sowohl an dessen primärer als auch sekundärer Vorsorge. Mit dieser Entscheidung führt der BGH seine Vorstellung von dem in der Ehe gesicherten Ehegatten konsequent fort. In der Sache perpetuiert er ein schon überholt geglaubtes Ehebild mit einer lebenslangen wirtschaftlichen Abhängigkeit des nicht erwerbstätigen Ehegatten. Diesem wird kein über das Taschengeld hinausgehendes Anrecht auf eine partielle wirtschaftliche Unabhängigkeit in der Gegenwart sowie ein seine Zukunft absicherndes Kapital zugestanden. Solche Erwägungen passen nicht so recht in eine Zeit, in der die Ehe längst kein Versorgungsinstitut mehr ist und statusunabhängig die wirtschaftliche Selbstständigkeit als Leitmotiv gilt. Wie unsicher die Abhängigkeit von privaten Ansprüchen ist, sehen wir täglich in den anderen Unterhaltsverfahren. Was passiert, wenn der Ehegatte zum Pflegefall wird, so dass er sein Einkommen und Vermögen vollständig für den eigenen Bedarf benötigt? Wie bereits erörtert, ist der Anspruch auf eine wirtschaftliche Absicherung in der Ehe in diesem Augenblick wertlos. Die Überlegung, Unterhaltsansprüche und die eigene Erwerbstätigkeit seien ein taugliches Differenzierungsmerkmal für eine angemessene Zukunftssicherung, erscheinen daher nicht zielführend.